Home MusikCD-Rezensionen Phoenix begeistern mit ihrem neuen Album “Alpha Zulu” und kehren zu alter Indie-Pop-Klasse zurück

Phoenix begeistern mit ihrem neuen Album “Alpha Zulu” und kehren zu alter Indie-Pop-Klasse zurück

Autor: Tobi

Phoenix "Alpha Zulu"

Phoenix

“Alpha Zulu”

(CD, Glassnote Records, 2022)

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Der französischen Band Phoenix verdanken wir im Laufe ihrer 25-jährigen Karriere bereits einige ganz tolle Alben, auf denen sie mit ihren Indie-Pop-Songs, die auch mal rockige Momente aufbieten, dank guter Ideen, toller Melodien und starken Arrangements sowie ausgezeichneter Produktion zu überzeugen wussten.

Nachdem das 2000er-Debüt “United” noch zu wenig beachtet wurde, starteten die Jungs vier Jahre später mit dem tollen “Alphabetical” schon durch, gefolgt von den ebenfalls in der Indie-Szene viel beachteten Longplayern “It’s Never Been Like That” (2006) und “Wolfgang Amadeus Phoenix” (2009). Singles wie “If I Ever Feel Better” (2001), “Everything Is Everything” (2004), “Run Run Run” (2004), “1901” (2009), “Lisztomania” (2009) oder “Lasso” (2010) blieben hierbei gut im Ohr.

Basierend auf dieser guten, zu Recht erarbeiteten Reputation verkaufte sich das Album “Bankrupt!” 2013 gut, erreichte sogar Platz 3 in Frankreich und wie der Vorgänger Rang 18 bei uns, mit “Ti Amo” ebbte der Erfolg 2017 dann aber etwas ab – und beide Alben ließen sich zwar gut anhören, wussten aber nicht mehr die vorige Begeisterung zu entfachen, auch weil Songs fehlten, die heraus stachen.

Phoenix (© Shervin Lainez)

(© Shervin Lainez)

Mit dem neuen Longplayer “Alpha Zulu” nun kehren Thomas Mars (Gesang), Christian Mazzalai (Gitarre), Laurent “Branco” Brancowitz (Gitarre, Keyboard) und Deck d’Arcy (Bass, Keyboard) zurück zur alten Klasse und bieten wieder viel Abwechslung und vor allem tolle Songs.

Das Album wurde während des Lockdowns im Musée des Arts Décoratifs im Louvre in Paris geschrieben und aufgenommen, und die Band war fasziniert von der Idee, etwas aus dem Nichts innerhalb eines Museums zu erschaffen. Inspiriert wurden Phoenix hierbei u.a. von der berühmten Szene in Jean-Luc Godards Film “Bande à part”, in dem die ProtagonistInnen durch den Louvre sprinten. “In der Pandemie konnten wir genau diese Szene im von Menschen verlassenen Museum nachspielen”, berichtet Branco.

Dass einige der zehn Songs auf 36 Minuten Ohrwürmer sind, machten die Vorab-Auskopplungen klar. Eröffnet wird die Scheibe vom Titelsong, der tanzbar und extrem catchy daher kommt und mit einigen elektronischen Elementen und perfekter Produktion ebenso besticht wie mit eingängiger Melodie und einem großartigen, wahrlich kunstvollen Video.

Mit “All Eyes On Me” folgt später noch ein ähnlich angerichtetes, ebenfalls sehr bewegunsgsförderndes und packendes Stück. Auch das bereits voraus geschickte “Tonight” mit Vampire Weekend-Mastermind Ezra Koenig als Gast schlägt in die gleiche Kerbe und wandert groovy, treibend und doch auch gemütlich direkt ins Ohr, um dort zu bleiben.

Mit “The Only One” liefert das Quartett ein warm fließendes Midtempo-Lied über die Zweifel, warum sich viele der digitalen statt realen Welt hingeben, und das flottere, ebenfalls sehr eingängige “After Midnight” beschreibt den Reiz der Nacht.

Mit dem entspannt getragenen “Winter Solstice” huldigen Phoenix der Schönheit der Natur, die viele von uns oftmals schon vergessen im Alltagstrubel, und “Season 2” schließt hier als relaxte, durchaus gutgelaunte Midtempo-Nummer bestens an.

Auch “Artefact” und das elektronischer und leicht sphärisch arrangierte “My Elixir” untermauern, dass dem Quartett jede Menge guter Melodie eingefallen sind, und die musikalische Umsetzung bis hin zu starker Produktion wissen ebenfalls voll zu überzeugen.

Die Inspiration des leeren Louvre hat bestens funktioniert. Während des Lockdowns mussten Phoenix durch einen etwas abgelegenen Nebeneingang und kamen während des 10-minütigen Spaziergangs zu ihrem Tonstudio durch dunkle, leere Räume des Museums von den Taschenlampen ihrer Handys geleitet an Statuen oder auch einem “großen, albernen” goldenen Thron Napoleons vorbei. “Ich hatte ein bisschen Angst, dass es schwierig werden könnte, etwas zu erschaffen, wenn es so viel Schönheit um uns herum gibt”, erklärt Christian. “Aber das Gegenteil war der Fall: Wir konnten nicht aufhören, Musik zu machen. In den ersten 10 Tagen haben wir fast das gesamte Album geschrieben.”

Geleitet fühlte sich die Band auch vom Geist des 2019 verstorbenen Philippe Zdar, ihrem engsten Verbündeten und Freund, der drei Longplayer mit ihnen produziert hatte. “Wir haben beinahe mehr verloren als je zuvor”, sagt Christian über ihn. “Wir hatten viele Momente, in denen wir seine Ideen spüren konnten. ‘Jeté!’, das ist ein Wort, das er sagen würde, wenn man etwas sehr schnell verwirft.”

Den Abschluss des Albums bildet das bereits 2020 veröffentlichte “Identical”, das damals auf dem Soundtrack des Films “On The Rocks” von Sofia Coppola, der Ehefrau von Frontmann Thomas Mars, zu finden war – aber auch hier sehr gerne noch genommen wird. Mit “Alpha Zulu”, das in puncto rockiger Momente ganz spärlich besetzt ist und sich somit umso klarer im Indie-Pop verorten lässt, wissen Phoenix zu begeistern, das Album muss man immer wieder hören.

Phoenix spielen leider nur ein einziges Konzert in Deutschland, Österreich und der Schweiz, und zwar am 20. November in der Columbiahalle in Berlin.

wearephoenix.com
facebook.com/wearephoenix

Bewertung: 10 von 10 Punkten

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