Home MusikKonzertberichte Depeche Mode lassen sich live feiern und bringen mit den Young Fathers eine starke Vorband mit (Düsseldorf, 6. Juni 2023)

Depeche Mode lassen sich live feiern und bringen mit den Young Fathers eine starke Vorband mit (Düsseldorf, 6. Juni 2023)

Autor: Tobi

Depeche Mode (© Anton Corbijn)

(© Anton Corbijn)

Wenn Depeche Mode auf Tour gehen, dann ist dies immer ein Erlebnis und rund um den Globus sind die größten Hallen und Stadien ausverkauft. 2023 fühlt sich der Hype um die Band noch größer an, aus guten wie traurigen Gründen. Im Mai 2022 war Gründungsmitglied und Keyboarder Andrew Flechter überraschend verstorben und es dauerte ein wenig, bis Sänger Dave Gahan und Songschreiber/Keyboarder/Gitarrist Martin Gore verkündeten, dass sie als Duo weiter machen und ein neues Album veröffentlichen würden. Dieses erschien dann nach mächtigem Aufsehen um die tolle erste Single “Ghosts Again” im März 2023, und ihr 15. Studioalbum “Memento Mori” entpuppte sich zur Freude der Millionen Fans mit guten Songs als ihr bester Longplayer seit mehr als 25 Jahren (lies unsere Rezension hier). Eine Tour zur überzeugenden Scheibe wurde ebenso angekündigt, und nach fünf Jahren Live-Pause waren die Tickets natürlich trotz größter Spielstätten und auch nicht kleiner Preise im Handumdrehen ausverkauft.

Mit Leipzig, Düsseldorf, München, Frankfurt und Berlin war die Auswahl deutscher Städte für die Welt-Tournee von Depeche Mode nicht zu umfangreich, immerhin aber wurden in Düsseldorf, Frankfurt und Berlin jeweils zwei Abende angesetzt. Am 6. Juni stand das zweite, natürlich erneut ausverkaufte Konzert der Briten in der Düsseldorfer MERKUR SPIEL-ARENA auf dem Plan, und obwohl der Wettergott das Land seit Tagen in ein sonniges, warmes Hoch hüllte, war das Dach des Stadions geschlossen. Es gab also ein riesiges Hallenkonzert, was zum einen etwas schade war, zum anderen Lichteffekte und Projektionen natürlich weit besser zur Geltung kommen ließ – und vielleicht kam es auch dem Sound zugute, dieser war nämlich durchaus gut, was man in der Location in der Vergangenheit nicht immer attestieren konnte.

Als Support hatten Depeche Mode mit den Young Fathers eine hochklassige Indie-Formation mitgebracht. Mit ihrem im Februar veröffentlichten vierten Album “Heavy Heavy” fuhr das Trio aus dem schottischen Edinburgh nicht nur hochlobende Kritiken ein, sie kletterten bis auf Platz 7 der UK-Charts. Dass sie live umso spektakulärer sind, das zeigten Graham “G” Hastings, der in Liberia geborene Alloysious Massaquoi und der aus Edinburgh stammende, aber über Jahre in Maryland/USA und Nigeria aufgewachsene Kayus Bankole vom Start weg. Fünf zusätzliche MusikerInnen hatte das größtenteils am Mikrofon aktive Dreier-Gespann mitgebracht, um Kostproben seiner Musik ab 19.45 Uhr für 30 Minuten live zu präsentieren, und so wurde das Set genauso abwechslungsreich und spannend, wie es ihre Platten sind. Beim Versuch, die Musik der Young Fathers in ein Genre einzuordnen, würde man scheitern, aber gerade diese Fusion aus Indie-Pop, Soul, HipHop, experimentalen Momenten und weltmusikalischen Elementen sorgt für die Besonderheit, die sich auch hier widerspiegelte. Mit Stücken wie “I Saw” vom aktuellen Album, “Toy” und “In My View” vom Vorgänger “Cocoa Sugar” oder “Shame” vom zweiten Album “White Men Are Black Men Too” hatten sich die Young Fathers für ihren Support-Gig vor allem druckvoll treibende Nummern ausgesucht, womit sie hier gut fuhren und auch positive Reaktionen vom Publikum erfuhren. Kurz vor dem Gig konnten wir übrigens mit der Band sprechen – lies unser Interview hier.

Als Depeche Mode dann um 20.45 Uhr die Bühne betraten, war der Jubel natürlich umso größer und vom Start weg wurde die Band gefeiert, die viele der Fans ja schon seit den 80er-Jahren musikalisch durch ihr Leben begleitet. Verstärkt von Keyboarder Peter Gordeno und Drummer Christian Eigner hatten Dave Gahan und Martin Gore das Stadion vom Start weg in ihrer Hand, wo sie mit “My Cosmos Is Mine” und “Wagging Tongue” erst einmal zwei Stücke von “Memento Mori” spielten, bevor es mit “Walking In My Shoes” und “It’s No Good” zurück ins letzte Jahrtausend ging. Eingehüllt in eine gute Lightshow und begleitet von gut gemachten Bildern auf den riesigen Videowänden links und rechts sowie hinter der Bühne, auf denen mal passende Motive oder Clips zu sehen waren, oft auch die Akteure optisch reizvoll in Effekt gesetzt übertragen wurden, gab es natürlich noch weitere Stücke vom neuen Album, nämlich neben der gefeierten Ohrwurm-Single “Ghosts Again” auch “Soul With Me” und “My Favourite Stranger”.

Letzteres stellte einen von drei Songs dar, die gegenüber der Setlist vom ersten Düsseldorf-Gig ausgetauscht wurden, und rückte für “Speak To Me” vom aktuellen Album ins Programm. Außerdem ersetzte “Home” das gute alte “A Question Of Lust” und am Ende als erste Zugabe sang Dave zu Martins Gitarrenbegleitung und verhaltenen Pianoklängen “Condemnation” statt wie zwei Tage zuvor “Waiting For The Night”. Ja, es gab auch akustischere Momente, der andere war inmitten des Sets besagtes “Soul With Me” – und es gab Stücke, die umso mehr verdeutlichten, dass gefeiert und getanzt werden soll, und hierfür wurden “In Your Room” und das rockig anmutende “A Pain That I’m Used To” dann auch mal in Remix-Versionen verabrreicht.

Am ausgelassensten war die durchweg hervorragende Stimmung aber natürlich bei den ganz großen Klassikern der langen Bandgeschichte wie “Everything Counts”, “Stripped”, “Enjoy The Silence” oder “World In My Eyes”, das mit großen Projektionen seines Gesichts Andrew Fletcher gewidmet wurde. Da dieser stets mehr gute Seele, Freund und Macher als signifikant prägender Musiker war, wirkte sich sein Fehlen ansonsten musikalisch nicht auf die Qualität des Konzerts aus, in dessen Mittelpunkt natürlich der großartige Martin Gore, der immer wieder mal die Gitarre in die Hand nahm und ja auch wie immer ein paar Songs selbst sang, und Dave Gahan standen, der auch im fortgeschrittenen Alter noch ein toller, energetischer Frontmann mit starker Stimme ist. In den Zugaben wurden dann noch “Just Can’t Get Enough”, “Never Let Me Down Again” – natürlich mit obligatorischem Arme-hin-und-her-Werfen, was immer für einen Gänsehaut-Moment sorgt – und “Personal Jesus” gefeiert, bevor die begeisterten Massen nach 135 Minuten tollen Konzerts glücklich in die immer noch milde Nacht entlassen wurden.

Die restlichen Daten der Tournee bei uns:

11.06.2023  CH-Bern, Stadion Wankdorf
20.06.2023  München, Olympiastadion
29.06.2023  Frankfurt, Deutsche Bank Park
01.07.2023  Frankfurt, Deutsche Bank Park
07.07.2023  Berlin, Olympiastadion
09.07.2023  Berlin, Olympiastadion
21.07.2023  A-Klagenfurt, 28 Black Arena/Wörthersee Stadion

Die Tracklist vom 6.6.2023 aus Düsseldorf:

Intro
My Cosmos Is Mine
Wagging Tongue
Walking In My Shoes
It’s No Good
Sister Of Night
In Your Room (Zephyr Mix)
Everything Counts
Precious
My Favourite Stranger
Home
Soul With Me
Ghosts Again
I Feel You
A Pain That I’m Used To (Jacques Lu Cont Remix)
World In My Eyes
Wrong
Stripped
John The Revelator
Enjoy The Silence

Condemnation
Just Can’t Get Enough
Never Let Me Down Again
Personal Jesus

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Links:
Website von Depeche Mode
Website von Young Fathers
Website der MERKUR SPIEL-ARENA Düsseldorf

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