Home MusikInterviews Blondie zu ihrem Album “No Exit” (03/00)

Blondie zu ihrem Album “No Exit” (03/00)

Autor: Tobi

Blondie ist eine der Bands, die letztes Jahr für Furore gesorgt haben, schafften Debbie Harry (Gesang), Chris Stein (Gitarre), Jimmy Destri (Keyboard) und Clem Burke (Drums) doch nach über 17 Jahren ein tolles Comeback mit ihrem Album “No Exit”. Im Gegensatz zu vielen anderen Bands, die sich nach einer langen Trennungsphase wieder zusammenschließen, beschränkten sich Blondie hierbei nicht darauf, alte Hits wieder aufzuwärmen, nein, man ging mit neuen Stücken an den Start und konnte mit “Maria” auch gleich wieder einen Tophit verbuchen. Eine ausverkaufte Tour folgte, und auch wenn Debbie Harry und Co. sichtlich gealtert waren, musikalisch wussten sie voll und ganz zu überzeugen. Als Beweis gibt es nun das Live-Album “Livid”, welches einfach nur Spaß macht, mit all den Hits wie “Atomic”, “Dreaming”, “Hanging On The Telephone”, “Maria”, “Call Me”, “Heart Of Glass” oder “One Way Or Another”. Mit Chris Stein, der die Band damals gegründet und an vielen Songs mitgeschrieben hat, aufgrund dessen damaliger Erbkrankheit es aber auch mit zum Split kam (Debbie pflegte ihn jahrelang gesund), führten wir ein Interview.

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“Der Sound ist minimalistischer geworden, die Dance-Layers wurden dezimiert, dadurch klingt das moderner.”

MUM: Welche ist die langweiligste Frage, die ich dir lieber nicht stellen soll?

C: Diese ganzen Standardfragen, du weißt schon, welche das sind. Was mein Lieblingssong ist und sowas, worauf man einfach keine Antwort hat.

MUM: Hmm, ein paar dieser Fragen werde ich aber wohl stellen müssen. Gut, sprechen wir über die “Livid”. Wie war es, nach über 17 Jahren wieder auf der Bühne zu stehen?

C: Es war gut, ich habe das vermisst. Aber man vermisst immer das, was man gerade nicht tut. Während der 18-monatigen Tour habe ich die Studioarbeit vermisst, im Studio vermisse ich die Bühne, weil es schon schön ist, die Reaktionen der Leute zu sehen.

MUM: Gab es ein Konzert auf der Tour, was am meisten Spaß gemacht hat?

C: Ja, ein paar sogar. Das Glastonbury-Festival in England war klasse, oder das Konzert in Zagreb. Dort wussten wir wirklich nicht, was uns erwarten würde, aber es war großartig.

MUM: Ich habe euch in Roskilde gesehen.

C: Da kann ich mich nicht mehr so recht dran erinnern.

MUM: In Dänemark war das. Denkst du, dass ihr jetzt wieder viele Jahre mit der Musik weitermacht?

C: Ich habe immer Musik gemacht, ja. Wir machen ein neues Blondie-Album, und ich arbeite an Musik für Filme, verschiedene Sachen also.

MUM: Ihr arbeitet schon an dem neuen Album?

C: Wir fangen gerade erst an.

MUM: Ist schon abzusehen, wann es erscheinen wird?

C: Das ist noch nicht sicher, aber vielleicht in acht, neun Monaten.

MUM: Seid ihr Bandmitglieder eigentlich die ganze Zeit in Kontakt geblieben, nachdem ihr euch getrennt hattet?

C: Ein bisschen, nicht viel. Debbie habe ich die ganze Zeit gesehen, und ab und an auch mit Jimmy gesprochen, aber nicht so oft.

MUM: Wodurch kam es zur Entscheidung, ein Comeback zu starten?

C: Die Zeit schien einfach reif dafür, und die Fans haben ja auch immer wieder danach gefragt.

MUM: Habt ihr solch gute Reaktionen weltweit erwartet?

C: Wir hatten das natürlich gehofft, aber es war schon sehr eindrucksvoll und nett, wie sich die Leute alle verhalten haben. Wir wollten aber auch auf jeden Fall eine neue Platte machen. Wenn wir nur zurück gekommen wären und hätten die alten Songs gespielt, dann wäre das nicht so erfolgreich gewesen.

MUM: Was hältst du von all den Bands, die nur aufgrund der geboteten, hohen Summen zurückkommen und dann mit ihrem alten Stücken auf Tour gehen?

C: So ist das Geschäft nunmal.

MUM: Wenn du dir eine Band aussuchen könntest, um mit ihr auf Tour zu gehen, wer wäre das?

C: Keine Ahnung. Ich mag Eminem.

MUM: Werdet ihr dieses jahr auch ein paar Gigs spielen?

C: Kann sein, aber bestimmt nicht viele, weil das schon sehr ermüdend war. Wir waren da in fast zwei Jahren nur vielleicht elf Wochen oder so zuhause. Ich weiß nicht, ob wir das nochmal in dieser Form machen würden, aber sicher werden wir wieder live spielen.

MUM: Du sprachst von Filmmusik. Worum geht es?

C: Kleine Sachen, wirklich nichts Großes, auch nichts Kommerzielles.

MUM: Was für Musik hörst du zuhause so?

C: Momentan höre ich viel östliche Musik, irakische oder arabische Musik.

MUM: Wie bist du dazu gekommen?

C: Ich habe das irgendwo in der Stadt mal gehört und es hat mir gefallen.

MUM: Du warst damals ja sehr krank. Inzwischen geht es dir aber wieder richtig gut?

C: Ja, das ist lange her. Mir geht es gut.

MUM: Du wolltest nicht, dass ich frage, aber hast du denn wirklich keinen Lieblings-Blondie-Song?

C: Nein, wirklich nicht, das wechselt immer.

MUM: Wenn du die “No Exit” mit euren alten Scheiben vergleichst, wo siehst du die Unterschiede?

C: Der Sound ist minimalistischer geworden, die Dance-Layers wurden dezimiert, dadurch klingt das moderner. Aber es ist immer noch Popmusik. Das nächste Album klingt weniger nach Pop, denke ich.

MUM: Sondern?

C: Schwer zu sagen. Ich höre viele moderne Sachen, wie Techno-House oder so, ich mag all diese elektronischen Sachen sehr.

MUM: Sind schon ein paar Songs fertig geschrieben?

C: Nein, wir fangen gerade erst damit an.

MUM: Als ihr euch für eine Reunion entschieden habt, nach welchen Gesichtspunkten habt ihr ein Label ausgesucht?

C: Wir haben uns mit unserem Management getroffen und sie haben sich darum gekümmert, alles in die richtigen Wege zu leiten.

MUM: Und ihr seid natürlich glücklich, so wie das Comeback gelaufen ist.

C: Ja, klar, ich wüsste nicht, was besser hätte laufen können.

MUM: Gab es auch Shows, wo die Leute mit “Hey, die sind doch zu alt inzwischen für die Bühne!” oder so reagiert haben?

C: Wenn, dann nur die Presseleute. Das eigentliche Publikum hat immer positiv reagiert.

MUM: Habt ihr denn auch Reaktionen von jüngeren Bands erhalten, auf Festivals oder so?

C: Ja, klar, das war auch eine nette Sache. Einige sind zu uns gekommen und haben uns gesagt, wir seien einer ihrer Einflüsse gewesen, das ist natürlich auch erfreulich.

MUM: Könntet ihr euch auch vorstellen, Coverversionen zu machen?

C: Ja, wir denken auch über so etwas nach, aber da ist nichts konkret. manchmal würde ich auch gerne eine ganze Platte nur mit Covervsongs machen.

MUM: Wenn andere Künstler als Hommage an Blondie ein Album mit Coverversionen eurer Songs herausbringen würden, wen würdest du dir darauf wünschen?

C: Kann ich nicht sagen. Eminem vielleicht.

MUM: Das war’s schon, ich bin durch mit meinen Fragen.

C: Okay. Woher kommst du?

MUM: Aus Berlin. Hat es euch denn in Deutschland Spaß gemacht?

C: Ja, auf jeden Fall. Gerade Berlin mag ich auch sehr, die Stadt ist sehr spannend. Ich habe dort einen Freund, mit dem ich an Filmmusik arbeite.

MUM: Was hat dir an Deutschland am besten gefallen?

C: Das war Berlin, ich fand es aufregend dort. Die Stadt hat viel Bewegung in sich. Hier in New York wird gerade alles so teuer, sehr snobbig. In Berlin habe ich mich sehr wohl gefühlt, auch in der Künstlerszene.

MUM: Warst du denn mal wieder hier?

C: Ja, das letzte Mal habe ich mir viel angeschaut, vor allem im ehemaligen Ostteil der Stadt. Es ist schön, zu sehen, wie sich die Stadt entwickelt.

MUM: Danke für das Interview.

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MUM: Mucke und mehr
C: Chris Stein von Blondie

 

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