Home Film “303” – ein Dialogfilm als Roadmovie, gewürzt mit Liebe

“303” – ein Dialogfilm als Roadmovie, gewürzt mit Liebe

Autor: Tobi

"303" Filmplakat

303

Darsteller: Mala Emde, Anton Spieker, Arndt Schwering-Sohnrey, Martin Neuhaus
Regie: Hans Weingartner
Dauer: 145 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.303-film.de
Facebook: facebook.com/303film


“Weißt du was fast noch schöner ist, als der Kuss selbst? Die drei Sekunden davor. Dieses Gefühl, wenn du weißt, gleich passiert’s”, ist nur eine der Weisheiten in Hans Weingartners neuem Film “303” – aber eine von denen, die eine Identifikation leicht machen. Das ist nicht immer so. Der österreichische Regisseur von Filmen wie “Die fetten Jahre sind vorbei” oder “Das weisse Rauschen” nimmt uns in seinem jüngsten Werk mit auf Reisen und tief in die Köpfe seiner alles andere als oberflächlich denkenden Protagonisten.

Der 24-jährige Jan (Anton Spieker) trifft Jule (Mala Emde) auf einer Tankstelle in Berlin. Da ihm gerade die Mitfahrgelegenheit durch ein terminliches Missverständnis abhanden gekommen ist, freut er sich umso mehr, dass die alleine in einem alten Wohnmobil der Marke Mercedes Hymer 303 reisende, gleichaltrige Studentin ihn mitnimmt. Schnell fangen beide an, zu reden, und auch wenn es zunächst nett zugeht, tritt Jan ungewollt irgendwann in ein Fettnäpfchen und wird von Jule vor die Tür gesetzt.

Kurz darauf bekommt diese allerdings auf einem Parkplatz die Gefahr zu spüren, der vor allem wohl ein hübsches Mädel ausgesetzt ist, wenn es alleine unterwegs ist. Ein aufdringlicher Angreifer (Arndt Schwering-Sohnrey) ist kurz davor, eine Vergewaltigung zu beginnen, als Jan – mit einem LKW auch gerade angekommen – zum Glück auftaucht und Jule rettet. Als Dank nimmt sie ihn nun wieder mit, schließlich haben sie ja die gleiche Zielrichtung. Während Jule nach Portugal möchte, um ihren dort seine Doktorarbeit schreibenden Freund mit ihrer kürzlich erst verkündeten Schwangerschaft zu konfrontieren, ist Jan auf den Weg nach Spanien, um seinen leiblichen Vater kennen zu lernen, dessen Aufenthaltsort er endlich ausfindig gemacht hat.

Auf dem weiteren Weg unterhalten sich Jule und Jan nicht nur weiter, sie diskutieren, über alles. Mal geht es philosophisch zu, mal wissenschaftlich, mal aus eigenen Erfahrungen schöpfend. Geschlechterrollen, Kapitalismus, Monogamie – kaum ein Thema wird von den beiden nicht kontrovers durchdekliniert, und doch ist es völlig klar, dass sie sich langsam aber sicher bei Durchqueren schöner Landschaften und Städtchen annähern – ob sie wollen oder nicht, aber das liegt ja evtl. gar nicht in ihrer Hand.

“303 ist sozusagen der ‘Anti-Tinder’ Film. Statt 3 Sekunden Wisch-und-Weg, die langsame Annäherung zweier Seelen”, erklärt Regisseur Hans Weingartner, und das trifft es gut – auch weil sich das Ganze über zweieinhalb Stunden streckt und somit eine gewisse Langsamkeit bewusst zelebriert. Mala Emde (“Wir töten Stella”, bald auch in der zweiten “Charité”-Staffel zu sehen) und Anton Spieker (“So auf Erden”, “Letzte Spur Berlin”) spielen authentisch und trotz der Sturheiten ihrer Charaktere sehr sympathisch, die Schauplätze der Handlung wurden in reizvollen Bildern eingefangen, dazu ist der Streifen mit einem gut ausgewählten und teilweise extra komponierten Indie-Folk-Soundtrack durchsetzt.

Das alles gefällt, und doch besitzt der Film nicht den umwerfenden Charme einer Dialog-Romanze wie Richard Linklaters “Before Sunrise” samt seiner Folgefilme, an die man automatisch erinnert wird – dafür sind die Diskussionen dann doch teilweise zu anstrengend. Trotzdem eine durchaus gelungene Mixtur aus Dialogfilm, Romanze und Roadmovie.

Trailer:

Bewertung: 7 von 10 Punkten

 

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