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“Lady Bird” – Erwachsenwerden ist nicht leicht

Autor: Tobi

"Lady Bird" Filmplakat

Lady Bird

Darsteller: Saoirse Ronan, Laurie Metcalf, Tracy Letts, Lucas Hedges
Regie: Greta Gerwig
Dauer: 94 Minuten
FSK: freigegeben ohne Altersbeschränkung
Website: upig.de/micro/lady-bird
Facebook: facebook.com/LadyBird.Film.DE


Mit “Lady Bird” kommt ein Film ins unsere Kinos, von dem man in diesem Jahr schon einiges gehört hat. Dies lag nicht nur daran, dass mit Greta Gerwig eine Regisseurin – weiblich – verantwortlich war, was in 2018 plötzlich wieder ein großes Thema ist, wo man doch in den vergangenen Jahren auch schon viele Filme von Kathryn Bigelow (“Tödliches Kommando – The Hurt Locker”, “Detroit”), Sofia Coppola (“Lost In Translation”, “Die Verführten”) oder auch Valerie Faris im Gespann mit ihrem Mann Jonathan Dayton (“Little Miss Sunshine”, “Battle Of The Sexes”) ohne zu viel Thematisierung des Geschlechts der Filmemacherin gesehen hat. Aber es stimmt natürlich, die Damen sind hier klar in der Unterzahl – in Deutschland fallen einem ja mit Namen wie Doris Dörrie (“Männer”, “Kirschblüten – Hanami”) oder Margarethe von Trotta (“Die bleierne Zeit”, “Das Versprechen”) auch spontan nicht allzu viele und allzu aktuelle Regisseurinnen ein.

Das neue Thema ist, dass Frauen zu wenig gefördert werden in der Filmindustrie, was natürlich durchaus bedenklich ist, wenn man sich anschaut, was für gute Filme sie bereits zu verantworten hatten – und warum ja auch nicht, das sollte nicht erstaunen. Zudem erhielt Greta Gerwig für “Lady Bird” eine Oscar®-Nominierung als “Beste Regisseurin” – und das ist tatsächlich erschreckend selten. In der 90-jährigen Geschichte der Oscar®-Verleihungen war sie hiermit gerade mal die Fünfte nach Lina Wertmüller (1977), Jane Campion (1994), Sofia Coppola (2004) und Kathryn Bigelow, die für “The Hurt Locker” 2010 dann auch erstmals den Regie-Oscar® in weibliche Hände entgegen nehmen konnte.

Da “Lady Bird” bei uns erst jetzt Mitte April startet, wissen wir, dass Greta Gerwig dies verwehrt blieb, die Konkurrenz war allerdings auch gewaltig und keiner regte sich auf, als Guillermo del Toro der Preis für “Shape Of Water” (lies unsere Filmkritik hier) überreicht wurde. “Lady Bird” war insgesamt fünfmal nominiert, ging aber auch in den Kategorien “Bester Film”, “Beste Hauptdarstellerin” (Saoirse Ronan), “Beste Nebendarstellerin” (Laurie Metcalf) und “Bestes Originaldrehbuch” (ebenfalls Greta Gerwig) leer aus. Ein etwas trauriger Abend also für diesen Streifen. Bei den Golden Globes® im Januar sah das noch anders aus, als zwei Trophäen für “Bester Film – Komödie/Musical” sowie “Beste Hauptdarstellerin – Komödie/Musical” gefeiert werden konnten. Dass der Film hierbei nicht primär eine Komödie ist, störte dann auch niemanden.

"Lady Bird" (© Universal Pictures)

Saoirse Ronan als Christine “Lady Bird” McPherson (© Universal Pictures)

Im Mittelpunkt des Films steht Christine McPherson (Saoirse Ronan), die mit ihren 17 Jahren entschieden hat, nicht mehr Christine, sondern “Lady Bird” genannt zu werden. Dass dies nur punktuell akzeptiert und umgesetzt wird, ist nicht verwunderlich, aber Lady Bird ist hier sehr hartnäckig, ob in der High School, wo sie munter Namenslisten per Hand korrigiert, oder auch zu Hause. Dort ist der Name allerdings inzwischen noch der kleinste Grund zum Streit, fühlt sie sich doch von Mutter Marion (Laurie Metcalf) und Vater Larry (Tracy Letts) unverstanden.

Während die Kommunikation mit ihrem momentan arbeitslosen Dad allerdings oft noch freundlich abläuft und dieser sie sogar ermutigt, ihre Träume von einem kreativen Leben an der Ostküste mittelfristig nicht aufzugeben, gerät Lady Bird mit ihrer Mum, der sie die Zeit in der für sie so unpassend erscheinenden, katholischen High School im heimischen Sacramento wohl hauptsächlich zu verdanken hat, oft aneinander. Hier prallen zwei Dickköpfe aufeinander, und die Beiden durchleben momentan eine Zeit mit sprunghaften Wechseln zwischen diskussionsdurchzogenen, manchmal gar psychologisch kriegerischen, aber auch mal netten Momenten.

In all ihrer end-jugendlichen Rebellion gibt es natürlich noch weitere Mitspieler. Während Christine in ihrem adoptierten Bruder Miguel (Jordan Rodrigues) keinen Verbündeten sieht, ist Julie (Beanie Feldstein) ihre beste Freundin, mit der sie alle Gedanken teilt und gegenüber der es ihr auch nicht peinlich ist, nicht zu den Reichen der Gegend zu gehören. Als Julie sie zu einem Theater-Kurs der High School überredet, beginnt auch eine Zeit der Romanzen – aber auch diese sind bei Lady Bird nicht ganz einfach, was nicht zwingend immer an ihr liegt, da haben der aus gutem Haus stammende Danny (Lucas Hedges) und der vor Coolness strotzende Rocker Kyle (Timothée Chalamet) durchaus auch ihren Anteil. Das Leben der 17-jährigen ist und bleibt ernüchternd kompliziert, oder sieht sie das nur zu kritisch?

“Lady Bird” ist ein toller Film, da es Greta Gerwig gelungen ist, die Wirren des Erwachsenwerdens mittels einer starken, ruhig erzählten Handlung und einem hervorragenden Spagat zwischen Dramatik, humorvollen Momenten, Sarkasmus und jeder Menge Charme umzusetzen. Die Charaktere sind wunderbar gezeichnet und nicht nur reizvoll anzuschauen, sie lassen auch ihre Schauspieler glänzen, wobei nicht nur die mit Oscar®-Nominierungen bedachten Saoirse Ronan (“Abbitte”, “Brooklyn – Eine Liebe zwischen zwei Welten”) und Laurie Metcalf (“JFK – Tatort Dallas”) voll überzeugen, sondern auch Tracy Letts (“Die Verlegerin“) als Vater sowie Lucas Hedges (“Manchester By The Sea”) und Timothée Chalamet (“Call Me By Your Name“) als sehr unterschiedliche High-School-Jungen. Starker Streifen, der auch nicht künstlich in die Länge gezogen wurde, was heute durchaus schon erwähnenswert und zu loben ist, denn hierdurch kommt keine Langeweile auf.

Bewertung: 9 von 10 Punkten

 

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