Home MusikKonzertberichte Moby – Kritik des Konzerts in Berlin am 22. November 2000

Moby – Kritik des Konzerts in Berlin am 22. November 2000

Autor: Tobi

Der weltweite Erfolg von Mobys aktuellem Album “Play” hat auch in Berlin Auswirkungen gezeigt, die Columbiahalle ist lange schon ausverkauft. Als Support hat sich Moby die Mexikaner von Titan mitgebracht, die mit ihrer Mixtur aus Elektro, Jazz, Dance, Breakbeats und Rock Spaß bereiten. Mit Verzerrern arbeiten sie, sehr viel, wodurch das Ganze auch recht experimentell klingt, aber verdammt interessant. Dazu sehen sie nicht nur irgendwie witzig aus, sondern hüpfen auch hin und her, brüllen ins Mikro oder versuchen sonstwie, Stimmung zu machen, was durchaus gelingt, die Zuschauer wippen mit. Schon verrückt, diese Mexikaner, Molotov sind da ja sehr ähnlich von der Show her.

Moby präsentiert sich – wenn auch kein Mexikaner – ähnlich crazy. Das letzte Mal, wo ich ihn live sah, war in seiner Punkphase auf der “Animal Rights-Tournee”, nach seiner Rückkehr zur elektronischen Musik ist dies also das erste Mal. In zwei Stunden stellt er die größten Hits aus seiner Karriere und die Stücke von “Play” vor, was eine interessante und gelungene Mischung ergibt. Begleitet wird er von einer blonden Bassistin, die mehr zum Posen als zum Musizieren auftritt, kommen die fetten Basslinien doch vom Band, wogegen man sie kaum hört. Hinzu kommt ein Live-Drummer, der schon mehr zu vernehmen ist, aber auch nur eine Bereicherung zu den vorgefertigten Sequenzen, die den Sound prägen. Komplettiert wird das Line-Up durch einen DJ und eine schwarze Sängerin mit schwarzer Soulstimme. Moby präsentiert sich als der Multiinstrumentalist, der er ja auch ist. Mal steht er – oder wackelt er – am Keyboard, mal spielt er Bongos, mal E-Gitarre, mal akustische Gitarre – allesamt beherrscht er. Beweisen kann er dies optimal, als ein Fan “Jippie!” schreit und Moby spontan ein flottes Countrystück auf der Akustikgitarre andeutet – hat er drauf! Nur das Singen, was er auch ausgiebig tut, wird nie zu seinen Stärken zählen. Trotzdem sonnt er sich in der Rolle des Hüpf-herum-Männekens als Frontmann und düst über die Bühne (was er nach mehrfach eingeforderter Notverlegung eines Teppiches auf den rutschigen Boden dann auch unfallfrei tun kann) wie ein gedopter Hamster.

Bei den alten Technoklassikern wie “Go” oder “I Feel It” zappelt Moby hin und her, brüllt dazu ins Mikro und verleiht dem Ganzen schon durchaus viel Energie, die aber noch mehr von den starken bewegungsfördernden Songs kommt, so dass der Saal wippt und tanzt. Zwischen den Songs gibt sich Moby zurückhaltend und bedankt sich stets mehrfach mit “Thank you, thank you, thank you, thank you, …”, als wenn seine Harddisc gerade hackt. Bei ruhigen Stücken kippt die Stimmung von Tanzlust zu Verträumtheit, bleibt aber stets gut. Hier allerdings werden Mobys stimmliche Defizite deutlich, wenn es wirklich heißt, zu singen – da sitzen schonmal einige Töne neben der Spur. Zu stören scheint dies niemanden, die Show ist insgesamt einfach zu durchdacht und bunt, um negativ wirken zu können. Die Punkphase scheint Moby übrigens wirklich fast abgehakt zu haben, nur ein 30-sekündiges Hardcore-Instrumental und eine Coverversion lassen Rock ins Haus von Techno, Dance und Ambient-Pop. Ganz zum Schluss singt Moby noch zwei Stücke mit der Akustikgitarre, darunter auch noch einmal die bereits in gewohnter Form dargebotene Single “Porcelain”, dann tritt er im Krachgewitter des schnellsten Songs aller Zeiten ab.

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