Home MusikKonzertberichte Mute-Labelnacht – Kritik des Konzertabends in Berlin am 24. November 2000

Mute-Labelnacht – Kritik des Konzertabends in Berlin am 24. November 2000

Autor: Tobi

Der Berliner Oceanclub um Gudrun Gut und Thomas Fehlmann lud zum zweiten Mal nach einem Event im Juni, wo sich alles um das Kölner Kompakt-Label drehte, ein Label zu einer Nacht in die Volksbühne ein. Um keine geringere Company als Mute Records ging es dieses Mal, bekannt geworden durch Bands wie Depeche Mode, Erasure, Nick Cave oder Inspiral Carpets. Passend zur Eröffnung der Mute Tonträger Berlin-Zweigstelle hatte man also eine “Oceanclub Volk.2: Stumm-Nacht” arrangiert, die es in sich haben sollte. 25 DM kostete ein Ticket an der Abendkasse, von denen es allerdings nur noch 100 Stück gab. Es hatte sich herumgesprochen, dass neben Künstlern wie Barry Adamson, Appliance, Add N To (X), Pole und Echoboy sowie einiges DJ-Sets (unter anderem Mute-Chef Daniel Miller gegen Novamute-Chef Seth Hodder) Special Guests erwartet wurden. Auch wenn die eigentlich eingeplanten Erasure leider (schließlich spielen sie zum neuen Album ansonsten keine Tour) kurzfristig aus persönlichen Gründen absagen mussten, hatte man zwei Tage zuvor bekannt gegeben, dass Nick Cave auftreten würde. Diese Meldung reichte aus, um einen Run auf die Tickets auszulösen, und so standen am Freitag Abend noch viele, viele Fans vor der Tür, die keine Karte mehr ergattern konnten und gefrustet wieder von dannen zogen.

Die gesamte Volksbühne hatte man zum Mute-Territorium umgemodelt. Neben der Hauptbühne traten die Künstler auch im Roten Salon und Grünen Salon auf, im Foyer wurden Platten aufgelegt. Laibach waren nicht live zu sehen, es gab aber einen Konzertfilm des Gigs zur Eröffnung des Europäischen Kulturmonats im Dom von Ljubljana vom 15. Mai 1997 zu sehen, wo die Band zusammen mit dem Symphonischen Orchester der slowenischen Philharmonie und einem akademischen Chor aufspielten.

Um 22.30 Uhr gab es gleich zu Beginn ein absolutes Highlight des Abends, den Auftritt von Goldfrapp auf der Hauptbühne. Das Duo, bestehend aus Sängerin Alison Goldfrapp und Komponist Will Gregory, hatte sich durch drei Musiker verstärkt, die an Violine (teilweise durch Effektwege gejagt), Drums (stellenweise auch zweite Violine) und Keyboard für den perfekten Hörgenuss sorgten. Goldfrapp sind Mutes jüngstes Kind, ihre großartige CD “Felt Mountain” wird erst im Februar erscheinen, und so war dies einer der ersten Auftritte überhaupt. Im Hintergrund hatte man eine statische verschneite Waldlandschaft auf Leinwand projeziert, im Vordergrund sorgte die Band für Gänsehaut. Alison Goldfrapp zog mit ihrer wundervollen, von erotisch hauchenden bis in hohen Operntönen schreienden, meist aber einfach großartig singenden Stimme den Saal schnell in ihren Bann, und jeder der Anwesenden hatte das Gefühl, bei etwas ganz Großem dabei zu sein. So wurde es dann auch eine vielumjubelte Eröffnung des Abends, die begeistern konnte. Goldfrapp werden mit Sicherheit ihren Weg gehen.
Größeres Interesse galt natürlich dem Auftritt von Nick Cave, der nach einer halben Stunden Umbaupause folgen sollte. Inzwischen war der Saal, bei Goldfrapp ja schon gut gefüllt, überlaufen, so dass neben allen Sitzplätzen auch alle Seitentreppen proppevoll waren.

Nick Cave kam, setzte sich an den Flügel und spielte zusammen mit Blixa Bargeld an der Gitarre und einem Drummer eine halbe Stunde, die man auch nur als imposant bezeichnen kann. Die Ausstrahlung dieses mageren, hölzern wirkenden Mannes ist in Wesen und Stimme so groß, dass man sich ihm nur schwer entziehen kann – will man aber ja auch nicht. Mit “Into My Arms” begann er sein kleines Set, führte es mit schwermütigen Stücken fort, die dann aber zunehmend auch energischer wurden. Auch Songs vom kommenden Album stellte er einige vor, teilweise war er sich noch nicht einmal sicher, wie sie heißen werden. Jedes Stück wurde von der Zuhörerschaft frenetisch gefeiert, am liebsten hätte man ihn in gesamter Konzertlänge aufspielen sehen. Auch so aber ein beeindruckender Auftritt, der dem Abend einen weiteren besonderen Touch verlieh, nachdem Goldfrapp ihn so grandios begonnen hatten.

Bei Add N To (X) wurde die Bühne dann zur Tanzfläche umfunktioniert, während die drei Musiker nach hinten versetzt wurden. Gleichzeitig spielten Appliance im Roten Salon, auch sie wussten zu gefallen, mit sehr interessanter, stimmungsschaffender Musik. Langsam verliefen sich die ehemaligen Massen, hierhin, dorthin oder nach Hause. Bin in die frühen Morgenstunden wurde indes weiter gefeiert, und man kann nur gratulieren – dies war eine tolle Label-Nacht.

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