Home MusikKonzertberichte Slipknot – Kritik des Konzerts in Berlin am 8. Juni 2000

Slipknot – Kritik des Konzerts in Berlin am 8. Juni 2000

Autor: Mick

Slipknot eilt ja der Ruf voraus, eine hervorragende Liveband zu sein, was sich schon durch ihre Performance begründen lässt. Denn die Jungs treten immer mit abschreckenden Masken auf und lassen es auf der Bühne richtig krachen. Dementsprechend erwartungsfroh fand sich dann auch die Fangemeinde ein, die die Columbiahalle doch mindestens bis zur Hälfte füllte, und von der es sich sogar das eine oder andere Mitglied nicht nehmen ließ, seinen Stars nachzueifern, indem es ebenfalls maskiert erschien. Doch zunächst einmal heizten ihnen die Kollegen von One Minute Silence ordentlich ein und brachten sie mit ihrem melodiösen, straighten Hardcore schon nach wenigen Titeln dazu, ihre Masken abzunehmen, da diese die Frischluftzufuhr bei der körperlichen Betätigung, zu der ein Großteil der Zuschauer von den Vieren animiert wurde, doch deutlich behinderten.

Derartig aufgewärmt folgte auch gleich der Auftritt der Girlies von Kittie, die aber erst gar keine Missverständnisse aufkommen lassen wollten und schon beim Betreten der Bühne dem Titel ihres neuen Albums “Spit” alle Ehre machten. Nicht, dass noch einer auf die Idee kommen könnte, sie für die netten Mädels von nebenan zu halten, wo sie doch so böse sind. Dabei konnten sie, wenn das Programm auch zeitweilig ins Geschrammel abzudriften drohte, durchaus musikalisch überzeugen, so dass man sich fragte, warum sie sich so krampfhaft um ihr Bad Girl-Image bemühen. Denn die Show, die sie da unnötigerweise auf der Bühne hinlegten, wirkte doch phasenweise arg lächerlich.

Doch danach war es endlich soweit, und schon der Auftritt von Slipknot war das Kommen wert. Nach seichter Hillbilly-Mucke betraten sie nämlich zu ohrenbetäubend pfeifenden Samples im Halbdunkel selbstverständlich maskiert einzeln die Bühne und wurden alle neun (!!!) mit lautem Jubel begrüßt. Und dann plötzlich brach es über einen herein wie eine Naturkatastrophe, der man nicht entgehen kann. Mit einem Schalldruck, der jede Zelle des Körpers schwingen ließ, aber vielleicht ein wenig zu großzügig bemessen war, wie einem die Ohren unmissverständlich meldeten, prügelten sie ihren kompromisslosen Hardcore ins Publikum, dass man seinem Bewegungsdrang einfach nachgeben musste. Das Ganze wurde noch unterstützt, indem auch auf der Bühne kein Quadratzentimeter Raum ungenutzt preisgegeben und einem der Eindruck bedingungslosen Einsatzwillens vermittelt wurde.

Schade nur, dass nach wenigen Stücken gerade bei ihrem Kracher “Wait and Bleed” ein Teil der PA die Waffen streckte und den Jungs eine zehnminütige Zwangspause verordnete, was diese sichtlich gar nicht erfreute, dem Sound allerdings zugute kam, der vor der Pause vielleicht aufgrund der Lautstärke sehr breiig rüberkam. Danach erwiesen sich die Neun als wahre Meister der Inszenierung, es fehlte weder die Animation des Publikums zum Hinsetzen und Springen während ihres aktuellen Single-Songs “Spit It Out” wegen der Aufzeichnung eines Live-Videos noch das Spazierengehen von Bandmitgliedern unter den Zuschauern. Und als Dessert bekam man dann auch noch eine Spiritus-Kokel-Nummer serviert, die man sich auch gerne hätte sparen können, wenn auch das Schlagzeugspiel auf brennenden Becken was her machte. Was bleibt, ist die Erinnerung an ein hingebungsvolles, stimmiges Konzert bei dem die Performance mit dem brachialen Sound mühelos mithalten konnte und das einem die größte Hochachtung vor den Künstlern abnötigte, die trotz gut sichtbarer Schweißrinnsale ihre hochgeschlossenen Overalls kein Stück öffneten und erst recht nicht auf die Idee kamen, ihre beeindruckenden Masken auch nur eine Sekunde zu lüften.

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