Home MusikInterviews 4Lyn zu ihrem selbstbetitelten Debütalbum (07/01)

4Lyn zu ihrem selbstbetitelten Debütalbum (07/01)

Autor: Tobi

4Lyn aus Hamburg gehören zu den Neuentdeckungen im deutschen Nachwuchs, die Potenzial haben, sich im Bereich New Metal einen Namen zu erspielen. “Whooo” hieß die erste Single der vom Major Motor veröffentlichten Jungs, klanglich stark an Limp Bizkit angelehnt. Wer allerdings das Album “4Lyn” hört, der sieht, dass Braz (Gesang), Kane Wicked (Gitarre), BiggDee (Bass) und Chino (Drums) weitaus mehr sind als eine Kopie, durchaus Eigenständigkeit besitzen und hierbei auch noch gute Musik fabrizieren. Die neue Single heißt “Bahama Mama” – und unser Interviewpartner war BiggDee.

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“Nur, weil wir uns entschieden haben, harte Rockmusik zu machen, heißt das nicht, dass Braz auch die nette Käseverkäuferin mit 90 Dezibel anbrüllt, wenn er 250 g Leerdammer bestellt.”

MUM: Erstmal Glückwunsch zu einem meiner Ansicht nach sehr anständigen Debüt-Album. Nach dem Hören von “Whooo” hatte ich die Befürchtung, Motor würde einen Limp Bizkit-Klon züchten, aber ihr seid ja doch sehr vielseitig und eigenständig, kopiert nicht nur. Habt ihr euch dem Vorwurf bei “Whooo” aber nicht doch oft aussetzen müssen?

B: Die Vergleiche zu Limp Bizkit und anderen angesagten US-Bands finden sich in unserer Interview- und Reviewhistorie wie Sand am Meer. Um ehrlich zu sein, ist dies grundsätzlich immer die erste Frage, die uns gestellt wird. Wir sehen das allerdings nie als negative Kritik, sondern mehr als Kompliment an, mit einer derart erfolgreichen, amerikanischen Band verglichen zu werden, denn letztenendes muss man ja sagen, dass diese Band durchaus qualitativ sehr hochwertiges Material veröffentlicht. Trotzdem fragen wir uns oft, was der Grund zur Annahme ist, dass wir wie Bizkit klingen. Außer dieser Behauptung hat noch niemand das Ganze etwas differenzierter erörtert. Abgesehen davon kann ich mich nicht daran erinnern, dass Bizkit jemals eine bessere Hook hatten als wir mit “Whooo.”

MUM: Wann ging es denn bei euch nun eigentlich so richtig als Band los, wie lange gibt es euch in dieser Formation?

B: Die Band an sich gibt es schon bald sieben Jahre. Es sollte jedoch viel Zeit vergehen, einige Namensveränderungen und viele Lineup-Wechsel geben, bis letztlich vor ziemlich genau zwei Jahren wir vier uns fanden. Die letzten Veränderungen des Line-Ups – Chino an den Drums und ich am Bass – fanden statt, als das Hamburger Indie-Label “Music Companions” uns einen Plattenvertrag offerierte. Zu diesem Zeitpunkt entschieden sich der alte Drummer und Basser, kein Risiko einzugehen und wählten den konventionellen Weg, Ausbildung und Beruf. Diesen Zeitpunkt könnte man als Geburtsstunde von 4Lyn bezeichnen.

MUM: War das nicht unerwartet, so schnell bei einem Major zu landen und jetzt schon einen Stellenwert erreicht zu haben, für den andere sich jahrelang ohne Erfolg abmühen?

B: Geplant war das so auf keinen Fall. Wir wollten das Ganze mit Bedacht angehen und hatten frühestens in einem Jahr damit gerechnet, dann aber auch nicht in diesem Ausmaß. Außerdem waren die fünf Jahre vor unserem ersten Plattenvertrag auch nicht gerade von Erfolg gekrönt. Es ist ja nicht so, dass wir erst vor zwei Jahren angefangen haben, Musik zu machen, und dann gleich bei einem Major landen. Jeder von uns macht schon sein Leben lang Musik, nur sieht das leider keiner.

MUM: Ihr ward mit Papa Roach auf Tour. Wie fandet ihr sie musikalisch und wie menschlich?

B: Papa Roach ist eine hervorragende Studio- und Liveband. Die Energie, die sie während ihrer Live-Performance rüberbringen, ist bisher einzigartig. Zudem ist jeder von ihnen ein ausgezeichneter Musiker. Das erste Eis zwischen uns war schon sehr früh, am ersten Tag unserer Tour, gebrochen. Sie sind auch nur Menschen wie du und ich, trinken gern mal einen und haben das gleiche Interesse wie wir alle: die Musik. Wir haben mittlerweile ein recht freundschaftliches Verhältnis zu einander, was nicht zuletzt daran liegt, dass sich unsere Wege schon häufig gekreuzt haben, wie jüngst bei “Rock am Ring”.

MUM: Wie habt ihr “Rock am Ring” und “im Park” erlebt, für die Besucher war es ja doch ein schweinekaltes Wochenende, was die Stimmung etwas gedrückt hat. Gab es für euch ein Highlight des Festivals?

B: Das Wetter hätte in der Tat etwas beser sein können. Scheinbar hat die ganze Festival-Saison keinen guten Start gehabt, was das Wetter angeht. Trotzdem hat man gemerkt, dass der Regen keine Rolle spielt, wenn einer deiner favourite acts auf der Bühne steht. Highlights für uns gab es jede Menge. Mit dazu gehören auf jeden Fall Tool, Alien Ant Farm und Static-X. Der Oberhammer war allerdings der Gast-Auftritt von Braz bei Papa Roach, mit denen zusammen er den letzten Refrain von “Broken Home” performte.

MUM: Schreibt ihr eigentlich die Songs zusammen oder habt ihr einen Songwriter und Texter?

B: Die Songs entstehen bei uns grundsätzlich im Kollektiv. Dabei bringt jeder seine Ideen ein. Schwerpunktmäßig kann man schon sagen, dass wir drei Instrumentalisten die Musik beisteuern und Braz die Texte schreibt, aber niemand sagt zu allem ja und Amen. Wenn etwas nicht gefällt, wird auch kritisiert und diskutiert. Jeder von uns ist fester Bestandteil bei der Entstehung der Songs.

MUM: Welches sind deine drei Lieblings-Alben aller Zeiten, und welche die drei besten der letzten Zeit?

B: Aller Zeiten sind Queen – “Sheer Heart Attack”, Eisenvater – “Eisenvater III” und Anthrax – “Persistence Of Time”. Meine Favoriten der letzten Zeit: Foo Fighters – “There Is Nothing Left To Lose”, Cibo Matto – “Viva! La Woman” und Queens Of The Stone Age – “Rated R”

MUM: Wie sehen eure Livekonzerte aus, gibt es da spektakuläre Action, und spielt ihr irgend welche Coverversionen?

B: Unsere Konzerte sind in erster Linie zu 100% live. Wir gestalten unser Set immer in Abhängigkeit von der Zeit, die uns zur Verfügung steht. Bei kurzen, 30- bis 40-minütigen Shows, bekommt das Publikum meist ein kompaktes, knallhartes Programm um die Ohren, während wir uns bei längeren Auftritten auch gern zu einer ruhigen Jam Session hinreißen lassen, in der das Publikum etwas verschnaufen kann. Coverversionen gibt es bei uns in dem Sinne nicht, wir greifen uns jedoch mal ein paar Riff-Klassiker heraus, wie z.B. 2 Live Crews “One And One” oder Lou Reeds “Take A Walk On The Wild Side”, und nutzen diese als Interludes zwischen den Songs, um mit dem Publikum interagieren zu können.

MUM: Was wollt ihr mit euren Texten ausdrücken, und was ist euch musikalisch wichtig?

B: In unseren Texten findest du Themen, die um Braz oder die Band herum passieren. Das ist meist Alltägliches. Dinge, über die wir uns freuen und ärgern, oder von denen wir meinen, dass sie erwähnenswert sind, wie z.B. “Alina”, dessen Text eine Danksagung an alle diejenigen ist, die uns in unserem Werdegang als Musiker unterstützt haben. Einzige Ausnahme bei allen unseren Songs bildet “Bahama Mama”, diese Liebesgeschichte ist frei erfunden und hat rein gar nichts mit der Realität zu tun. Musikalisch experimentieren wir gern viel herum. Wir verfolgen dabei keinen speziellen Stil, den wir dann immer wieder aufgreifen, sondern lassen uns vielmehr überraschen, was als nächstes kommt.

MUM: Eure Musik ist ja doch recht aggressiv – meine Mutter würde jedenfalls sicher mit zugehaltenen Ohren aus dem Zimmer rennen, wenn ich ihr sowas mal in richtiger Lautstärke vorspielen würde (sie hat Glück, dass ich lange schon nicht mehr zuhause wohne…). Seid ihr privat eigentlich ganz handzahme, liebe Kerle? Und was sagen eure Mütter zu der Musik?

B: Ja ja, deine Mudder. Wenn man mal den so oft zitierten Generationskonflikt, der sich ja gerade in den Musikgeschmäckern bemerkbar macht, außer Acht lässt, kann man wohl mit Fug und Recht behaupten, dass unsere Mütter sehr stolz auf das sind, was wir machen. Abgesehen davon natürlich auch unsere Väter. Du kannst bei uns auf jeden Fall davon ausgehen, dass wir keiner Fliege etwas zu leide tun könnten – naja, Fliegen vielleicht schon. Aber nur, weil wir uns entschieden haben, harte Rockmusik zu machen, heißt das nicht, dass Braz auch die nette Käseverkäuferin mit 90 Dezibel anbrüllt, wenn er 250 g Leerdammer bestellt. Nein, nein. Ich glaub sogar viel eher, dass wir privat wesentlich ausgeglichener sind, da wir uns live immer ordentlich austoben können und damit jede überschüssige Energie abauen.

MUM: Wie sehen eure Planungen für die nahe Zukunft aus, was steht an?

B: Wir werden definitiv viel live spielen in der nächsten Zeit. Der Sommer ist noch lange nicht vorbei und es gibt noch viele größere und kleinere Festivals, deren Bühnen wir entehren werden. Zudem ist eine ausgedehnte Tour durch Deutschland, Österreich und Schweiz im Herbst geplant. Ansonsten sind wir natürlich schon wieder dabei, neue Songideen zu sammeln, die sich dann nächstes Jahr in einem weiteren Album manifestieren werden.

MUM: Welcher Moment war für euch bisher der beste eurer Karriere?

B: Erst dachten wir, es wäre die Tour mit Papa Roach gewesen. Das hat sich jedoch Anfang Juni schlagartig geändert, denn “Rock am Ring” und “im Park” waren die bisher einschneidensten Erlebnisse in unserer Karriere. Eine detaillierte Beschreibung über RAR und RIP aus unserer Sicht gibt es übrigens auf unserer Homepage im Forum zu lesen.

MUM: Wenn ihr euch drei Bands aussuchen könntet, um mit ihnen zusammen auf Tour zu gehen, welche wären das?

B: Nirvana, Slipknot und Queen. Leider gibt es zwei dieser Bands nicht mehr.

MUM: Vielen Dank für das Interview.

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MUM: Mucke und mehr
B: BiggDee von 4Lyn

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