Home MusikInterviews Mesh zu ihrem Album “Who Watches Over Me?” (03/02)

Mesh zu ihrem Album “Who Watches Over Me?” (03/02)

Autor: Tobi

Mesh ist eine der Bands, die in der Independent Szene so richtig bekannt sind – mit ihrem Elektropop sind sie schon lange zu Helden für ihre Fans geworden. Die Songs von Mesh sind mal progressiv und härter, oft aber auch auf softeren Klängen aufbauend gemacht, vor allem aber besitzen sie eingängige Melodien und knackige Arrangements, ohne mainstreamig zu klingen.

“Who Watches Over Me?” heißt das neue, vierte Album der drei Jungs aus Bristol, welches wieder einmal bestätigt, dass Mark, Rich und Neil nichts ihrer Klasse eingebüßt haben. Mit dem neuen Label Home und dem Major Columbia/Sony im Rücken könnte es Mesh gelingen, die Fanschar noch zu vergrößern – zu wünschen wäre es ihnen. Aufgenommen haben Mesh die Scheibe im eigenen Studio, gemischt wurde aber erstmals extern, in Hamburg von BlackPete (Depeche Mode, Inspiral Carpets), und zum Mastern ging es nach Belgien, wo Ronald Prent (Rammstein, Clawfinger, UB 40) Hand anlegte. Wir sprachen mit Mark über das neue Album, den neuen Vertrag und einiges mehr.

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“Es ist schon eine merkwürdige Situation hier für uns. Wir haben zwar kein Bild in der Öffentlichkeit, werden aber doch von der Untergrund-Szene so unterstützt, dass wir bei Konzerten Hallen füllen, wobei einige Bands aus den Top 30 der Charts scheitern würden.”

MUM: Erst einmal Glückwunsch zur neuen Scheibe, sie ist wieder einmal toll. Wo siehst du die größten Unterschiede zum letzten Album?

M: Erst einmal schönen Dank. Für uns ist das Album die logische Weiterentwicklung von “The Point at Which it Falls Apart”, und wir hoffen, dass sich auch die Fans zuhause fühlen. Wir sind definitiv einen Schritt weiter gegangen, vor allem im Songwriting und der Produktion, haben auf “Who Watches Over Me?” mehr experimentiert, mit Rhythmen, Programmierung, Strukturen und der generellen Balance des Sounds. Die Texte sind vielleicht thematisch in eine etwas andere Richtung gegangen, aber wir versuchen immer noch, den Hörer in eine sehr persönliche Schilderung einzubeziehen, wie wir es auch früher getan haben. Wir haben das Album wie immer in unserem eigenen Studio in Bristol aufgenommen, aber der größte Unterschied zwischen dem neuen Album und früheren war die Nutzung eines externen Studios beim Abmischen. Wir haben hierbei mit BlackPete in den wunderbaren Home Studios in Hamburg gearbeitet, und ich denke, dies hat die technische Qualität erhöht, die Klasse und Wärme des Albums sind auch Ergebnis von BlackPetes Können und Erfahrung.

MUM: Wie bekannt seid ihr eigentlich zuhause in England? Hier in Deutschland seid ihr ja, wie ihr wisst, seit vielen Jahren eine der beliebtesten Bands der Independent Szene.

M: Was die Presse angeht, sind wir nicht so bekannt. Es ist schon eine merkwürdige Situation hier für uns. Wir haben zwar kein Bild in der Öffentlichkeit, werden aber doch von der Untergrund-Szene so unterstützt, dass wir bei Konzerten Hallen füllen, wobei einige Bands aus den Top 30 der Charts scheitern würden. Es ist keine wirklich schlechte Situation für uns, schließlich können wir so hier in Großbritannien ein ziemlich normales Leben führen, was ja manchmal sehr hilfreich ist. Natürlich hat man manchmal den Wunsch, einen gewissen Grad an Erfolg und Anerkennung im Heimatland zu erreichen, und vielleicht bringt uns der Vertrag mit Home/Columbia/Sony hier ja einen Schub.

MUM: Welche Veränderungen hat der Vertrag bislang mit sich gebracht?

M: Er hat uns die Freiheit gegeben, das Album zu machen, von dem wir immer wussten, dass wir es machen können, vor allem natürlich aufgrund der finanziellen Unterstützung, die uns die Möglichkeit gab, unsere Jobs aufzugeben und rund um die Uhr im Studio zu arbeiten. Die Beziehung zu den Leuten bei Home ist eng und persönlich, und dies war vielleicht etwas, woran es bei Memento Materia mangelte, auch wenn es mit den Jungs ansonsten wirklich gut lief. Ich denke, der andere große Unterschied ist, dass Home Records eine feste Partnerschaft mit Columbia/Sony hat, deren Einbeziehung größere internationale Vertriebsmöglichkeiten und ein höheres Level an Promotion generell mit sich bringt, wie wir hoffen. Die Promotion ist das, was wir in der Vergangenheit am meisten vermisst haben. Klar, unsere vorigen Labels haben uns in eine Position gebracht, in der wir überhaupt erst einen Vertrag wie den jetzigen bekommen konnten, und dies übersehen wir auch nicht, aber ich denke, da gab es einen Grenze, die sie einfach nicht überschreiten konnten, und wir brauchten diese Investitionen, um die Band noch weiter voran zu bringen.

MUM: Ihr habt, wie du gesagt hast, erstmals nicht komplett zuhause im Studio gearbeitet, sondern seid zum Abmischen nach Hamburg gegangen, habt dann noch in Belgien gemastert. Viele Bands gehen gerne woanders hin, um sich von der Fremde auch inspirieren zu lassen, frische Ideen in ihre Musik einfließen zu lassen. Warum habt ihr trotzdem alles zuhause aufgenommen und seid erst dann aus dem eigenen Studio raus?

M: Für uns ist es wichtig, auf Details zu achten und die Kontrolle über die Produktion zu behalten. Mit Geld hat dies alles natürlich auch noch zu tun. Ein High End Studio in einem fremden Land mag ideal sein, um eine andere Schwingung auf eine Platte zu bringen, aber wenn wir vier oder fünf Wochen nur an einem Song feilen wollen, dann können wir dies hier in Bristol tun, ohne uns Gedanken über die Kosten oder die Verfügbarkeit des Studios zu machen. Die Aufnahmephase ist eine kreative Phase für uns, und wir wollen nicht unnötig unter Druck stehen. Wir benutzen kaum akustische Instrumente, brauchen daher zum Beispiel keinen großen Liveraum oder 50 verschiedene Mikrophone. Vielleicht irgendwann, wenn wir genug Geld haben, aber das müsste schon eine große Menge sein. Das Abmischen ist eine andere Geschichte. Meist ist es eine Wissenschaft, und du brauchst auch kein High End Equipment, um es sauber hin zu bekommen, ganz egal, was andere sagen. Der Unterschied zwischen guter Abmischung und einer, die okay ist, ist manchmal fein, aber es braucht eine ganze Menge an Investition, um diesen kleinen Unterschied zu haben. Das kann recht schnell von einem erfahrenen Toningenieur gemacht werden, und du kannst auch gut absehen, wie lange es dauern wird, trotzdem ist es das Wichtigste an einer modernen Platte und muss sauber gemacht werden. Für uns war das Abmischen in der Vergangenheit immer der Teil, mit dem wir am wenigsten zufrieden waren, und daher haben wir die Möglichkeit des Abmischens in Hamburg sofort wahr genommen, als sie sich bot, einfach schon, um zu sehen, welchen Unterschied dies ausmacht. Wir kamen mit einer großen Kiste von Daten-CDs im Pro-Tools-Format in Hamburg an – der Arbeit eines ganzen Jahres. Wir waren froh, mit BlackPete als Mischer zu arbeiten. das war das erste Mal, dass überhaupt jemals jemand anderes Hand an unsere Musik gelegt hat, ohne dass wir das Gefühl hatten, groß ein Auge darauf haben zu müssen, auch wenn wir die ganze Zeit anwesend waren.

MUM: In den bisherigen Jahren eurer Karriere habt ihr schon in vielen Ländern und zusammen mit vielen Bands gespielt. Was war euer bestes Konzert bislang?

M: Da gibt es wirklich viele erinnerungswerte. Wir hatten richtig viel Spaß die beiden Male, wo wir in Hildesheim auf dem Zillo-Festival und M’Era Luna Festival gespielt haben – gleicher Ort, unterschiedliches Jahr. Auch in New York im Downtime hatten wir viel Freude. Die Konzerte in Hildesheim waren toll, weil da so viele Leute kamen und die Atmosphäre sowie Stimmung so gut waren. In New York hatten wir 900 Zuschauer in einem Club, der nicht so aussah, als könnte er 500 Leuten Platz bieten. Das war auch überraschend für uns, weil wir wirklich nicht mit so viel Publikum gerechnet hatten, wir hatten vorher gerade mal zweimal in den Staaten gespielt. Wir haben auch gute Erinnerungen an die Touren mit De/Vision und Beborn Beton, das war alles ziemlich neu für uns und wir hatten eine gute Zeit mit tollen Leuten.

MUM: Wollt ihr mit euren texten etwas Bestimmtes aussagen? Gibt es vielleicht einen Song auf der neuen Scheibe, der euch in dieser Hinsicht besonders am Herzen liegt?

M: Wir haben immer versucht, für uns selbst zu schreiben, und es ist schon so, dass ein Text uns alle packen muss, bevor wir ihn für eine Platte verwenden. Der Fokus liegt stets darauf, eine Verbindung zum Hörer herzustellen. Wir möchten, dass sich die Leute mit der Erzählweise, die sie hören, indetifizieren können, und daher war es auch immer wichtig, den Inhalt nicht zu verstecken, sei es hinter einer Wand von Musik oder durch einen Mangel an Betonung. ich denke, die Hörer merken, ob man glaubwürdig ist oder nicht. Wir neigen dazu, Songs zu schreiben, die sich mit Eins-zu-Eins Geschichten befassen, mit Beziehungen oder persönlicher Besessenheit – das sind einfache Dinge, die die Leute zu einem gewissen Grad bewegen. Was das neue Album angeht, gibt es für mich ein paar Favoriten. “Leave You Nothing”, “Friends Like These” und “Four Walls” muss ich auf jeden Fall nennen. “Leave You Nothing”, weil ich die Empfindungen im Song mag, und die Story. “Four Walls” und “Friends Like These”, weil sie sehr persönlich sind. Um ehrlich zu sein, ich mag alle Songs sehr.

MUM: Vor einiger Zeit waren Martin und Dave von Depeche Mode auf einem eurer Konzerte, und auch Robbie Williams wurde schon im Publikum gesehen. Habt ihr irgendeinen von ihnen gesprochen? was bedeutet es euch, wenn solche Stars kommen, um euch zu sehen?

M: Wir haben aus mehreren Quellen gehört, dass die beiden Jungs von Depeche Mode bei unserem Konzert in der Highbury Garage in London waren, aber wir haben sie nicht getroffen. Das wäre schon cool gewesen, weil sie natürlich ein großer Einfluss waren, als wir mit der Musik begannen. Robbie Williams haben wir getroffen, und er trug ein Mesh-T-Shirt. Er kam zu uns hinter die Bühne, um uns zu sagen, dass er das Konzert klasse fand. Das war für uns alle irgendwie ein unwirklicher Moment. Er war wirklich sehr freundlich, einfach ein toller Kerl – ohne Quatsch. Es ist schmeichelhaft, zu wissen, dass solche beschäftigte Leute sich die Zeit nehmen, zu unseren Konzerten zu kommen, und dabei auch noch die Belästigungen in einem Club auf sich zu nehmen.

MUM: Wie bereits gesagt seid ihr ja in der Independent Szene gut bekannt. Träumst du manchmal davon, noch ein großer, wirklicher Star zu werden?

M: Natürlich wären wir gerne sehr erfolgreich. Erfolg heißt für uns aber auch, dass wir weiterhin Musik machen können, die wir machen wollen. Finanziell gesehen ist es nicht leicht, im Musikgeschäft wirklich Karriere zu machen, wenn du keinen Mainstream machst. Es ist sogar sehr schwer. Es war nie so recht unser Ziel, zeitweise sogar eher gerade nicht. Es war nicht der Grund, warum wir alle in der Band sein wollten. Ich weiß nicht, ob “Stars” das richtige Wort ist für das, was wir uns wünschen würden zu erreichen, und ob uns das wirklich gefallen würde.

MUM: Wenn du auf all die Songs zurück blickst, die ihr geschrieben habt, gibt es dann einen Lieblingssong für dich?

M: “Not prepared” wurde zu einer für die ganze Band sehr emotionalen Zeit geschrieben und ist irgendwie mit einigen der besten und schlechtesten Erinnerungen für uns alle verbunden. Es wurde in einer Phase aufgenommen, als wir uns Gedanken machten über die Zukunft der Band, aber gleichzeitig drehten wir ein Video dafür, was uns sehr viel Spaß bereitet hat – daher ist es wohl dieser Song, momentan jedenfalls.

MUM: Habt ihr schon für Festivals im Sommer zugesagt?

M: Da bin ich gar nicht so sicher. Wir machen eine Tour in Deutschland, und wahrscheinlich spielen wir auch einige Festivals, da ist aber wohl noch nichts bestätigt.

MUM: Welches sind deine drei Lieblingsscheiben aller Zeiten?

M: Okay, das ist schwierig. Wir haben mal jeder eine Lieblingsscheibe ausgesucht, das waren die Folgenden:

Neil: Yazoo – Only You
Rich: Nine Inch Nails – Wish
Mark: Radiohead – Fake Plastic Trees

…das ändert sich aber sicher ab und an.

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MUM: Mucke und mehr
M: Mark von Mesh

Mehr zu Mesh auf www.mesh.co.uk.

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