Home MusikInterviews Youssou N’Dour zu seinem Album “Joko” (01/00)

Youssou N’Dour zu seinem Album “Joko” (01/00)

Autor: Tobi

“Youssou N’Dour? Schon irgendwo gehört. Ach ja, der hat doch damals zusammen mit Neneh Cherry “7 Seconds” gesungen.” So wird es nicht wenigen ergehen, erklingt der Name des 1959 in Senegal geborenen Musikers. In Afrika ist Youssou N’Dour ein Star, feierte mit seiner Band “Super Etoile De Dakar” ebenso Erfolge wie als Solokünstler. Hierzulande kennt man ihn meist nur als Duettpartner von erwähntem Hit oder von Arbeiten mit Peter Gabriel (“In Your Eyes” und “Shakin’ The Tree”).

Mit “Joko” gibt es nun ein neues Album, auf dem er musikalisch ein wenig andere, offenere Wege geht, während er früher einen Mbalax genannten Musikstil zelebrierte. Für Youssou ist das neue Album ein Resultat seiner langen Reisen um die Welt. Als Gastmusiker auf dem neuen Album hört man Peter Gabriel und Sting, und bei zwei Stücken übernahm Wyclef Jean von den Fugees die Produktion. Neben seiner Musikerkarriere engagiert sich Youssou N’Dour auch für notleidende Menschen. 1993 wurde er UNICEF-Botschafter, er gab diverse Konzerte, um aidskranken Kindern in Afrika zu helfen, und nun unterstützt er ein Hospital für herzkranke Kinder, das erste dieser Art in Afrika. Über sein neues Album und alles andere sprachen wir mit dem sympathischen Senegalesen, der mit seiner Frau und seinen drei Kindern weiterhin in seiner Heimat lebt, während viele vergleichbar erfolgreiche Künstler Afrika den Rücken gekehrt haben.

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“Ich bin nicht wirklich politisch, aber wenn man über die Gesellschaft schreibt, dann spricht man natürlich auch Dinge an, die politisch sind.”

MUM: Zuerst mal muss ich nochmal nachfragen, ob es stimmt, dass man in Afrika deine Musik Mbalax nennt.

Y: Das neue Album ist nicht wirklich Mbalax, es ist panafrikanisch, mit Rhythmen aus dem Süden Senegals.

MUM: Warum hast du deinen Stil verändert?

Y: ich habe mich einfach weiterentwickelt. Wir haben Mbalax, aber wir haben auch andere Musik.

MUM: Würdest du deine Musik als afrikanisch bezeichnen, oder schon als Mixtur mit westlichem Pop.

Y: Nein, klar, meine Musik ist eine Fusion von afrikanischen Elementen und westlicher Popmusik.

MUM: Hattest du Musiker, die dich in Bezug auf die Popmusik beeinflusst haben?

Y: Das ist schwer zu sagen, wer das genau war, weil ich überall so viele verschiedene Sachen höre und in mich aufnehme. Ich mag Rhythm & Blues und die Motown-Veröffentlichungen, oder Popmusik wie die von Peter Gabriel. Afrikanische Musik hat aber meiner Meinung nach sowieso all diese Sachen auch schon in sich.

MUM: In Senegal bist du ein sehr bekannter Mann, oder?

Y: Ja, in Senegal ist meine Musik sehr populär, ich bin es dadurch natürlich auch. Ich habe auch abseits der Musik noch viele Dinge getan, die dafür gesorgt haben, dass man mich kennt.

MUM: Du lebst auch noch dort?

Y: Ja, tue ich.

MUM: Ich frage, weil es ja viele Musiker nach Frankreich oder woanders hin zieht.

Y: Die mögen ihre eigenen Gründe haben dafür, aber für mich ist es sehr wichtig, nahe bei meiner Familie zu leben, und das Wetter dort ist außerdem auch noch sehr gut. Weißt du, ich bin ein weltoffener Sänger, da spielt es keine Rolle, ob ich in Berlin oder Paris lebe, man kann doch überall mit dem Flugzeug schnell hinkommen, und wir haben ja Flughäfen, also kann ich immer überall hinfliegen, wo ich hin möchte.

MUM: Ich habe gelesen, dass das neue Album ein Produkt der ganzen Reisen ist, die du in den letzten Jahren gemacht hast.

Y: Ja, das stimmt. Ich war wirklich überall, um dort aufzutreten, und nach den Konzerten bin ich oft noch zwei oder drei Tage geblieben, um die Stimmung in mich aufzunehmen. Da habe ich dann auch oft an das nächste Album gedacht und neue Ideen niedergeschrieben, die ich dann hinterher mit nach Hause gebracht habe. Als ich mit dem Herumgereise fertig war, da hatte ich viele verschiedene Ideen gesammelt, mit denen ich die Arbeit an dem Album beginnen konnte. Wenn du weit weg bist von zuhause, dann fühlst du alles intensiver. Wieder auf dem Land bzw. im Dorf angekommen habe ich dann mit der Musik begonnen. Das ist sehr interessant.

MUM: Du schreibst dann auch die Texte schon auf den Reisen?

Y: Manchmal ja, aber mehr noch schreibe ich die Ideen nieder. Zum Beispiel habe ich ja den Song “Please Wait”, der entstand, als ich unterwegs einen Computer zum Laufen kriegen wollte, er aber ständig nur mit “Please Wait” antwortete, hundert Mal bestimmt. So kam mir die Idee zu dem Stück.

MUM: hast du einen Lieblingssong auf dem Album?

Y: Ja, ich mag “New Africa” sehr, oder “Birima”, aber auch die anderen wie “This Dream”, “Yama” oder “Don’t Walk Away”.

MUM: “Birima” ist ja schon drei Jahre alt, du hast das Stück aber nochmal neu aufgenommen.

Y: Ja, das habe ich gemacht. Der Song ist in Senegal ein großer Hit.

MUM: Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Wyclef Jean?

Y: Vor zwei Jahren war ich in London, da habe ich Wyclef auf einer Party getroffen. Wir haben dann zusammen etwas getrunken und uns natürlich auch über Musik unterhalten, was wir so gemacht haben. Ich mochte die Fugees sehr, sie sind großartig. Er sagte dann, dass er meine Musik auch kennen würde, und ich dachte, er meine “7 Seconds”. Wyclef sprach dann aber von “Birima”, was er vielleicht in Paris oder so gehört hatte. Er mochte das Stück und die Melodie. Ich habe ihm dann erzählt, dass ich noch nach jemandem suche, der die richtigen Vibrations in mein Album bringt, und er war sehr interessiert, dies zu tun. So entstand unsere Verbindung, und inzwischen ist Wyclef ein guter Freund. Wir haben dann zusammen in New York gearbeitet, das war schön und hat viel Spaß gemacht.

MUM: Ist Peter Gabriel auch ein guter Freund von dir?

Y: Ja, auf jeden Fall.

MUM: Du hast ja auch bei ihm schon mitgesungen, jetzt hört man ihn auch wieder auf deinem Album.

Y: Peter Gabriel hat für mich eine der besten Stimmen, die ich kenne, er kann mich mit seinem Gesang tief im Innern berühren. Wir haben viel zusammen gemacht. Er hat mich der Welt vorgestellt, ich habe ihn dafür in Afrika bekannter gemacht. Als ich an dem neuen Album arbeitete, da erinnerte ich mich an meinen bisherigen Werdegang, und ich rief ihn an und erzählte ihm, dass ich seinen Gesang gerne für das Stück “This Dream” haben würde. Ich habe ihm den Song geschickt und er hat ihn gleich geliebt, so hat er dann auch gerne seine Stimme hierfür gegeben.

MUM: Mit Sting lief das ähnlich?

Y: Ja, ich habe ihn angerufen und ihm von “Don’t Walk Away” erzählt, und dass ich ihn sehr gerne für den Chorus haben würde. Er hat den Song dann gehört und sofort zugesagt. Weißt du, Musik kennt heute nicht mehr viele Grenzen, es macht nicht mehr jeder sein eigenes Ding. Man hört mich bei Peter Gabriel, Sting bei mir, das ist doch etwas Tolles.

MUM: Gibt es denn noch andere Musiker, mit denen du unheimlich gerne mal zusammenarbeiten würdest?

Y: Ja, da gibt es schon einige. Ich mag Erika Badu, sie ist toll, oder auch Prince. Ich habe aber keinen Plan, Duette unbedingt erreichen zu wollen. Die Musik bringt uns vielleicht eines Tages zusammen, wer weiß.

MUM: Wovon handeln denn deine Texte eigentlich größtenteils?

Y: Ich rede vor allem von der Gesellschaft, in der ich lebe, mit all ihren Problemen, all dem, was passiert. Die Schwierigkeiten, einen Job zu finden, zum Beispiel.

MUM: Schreibst du politische Songs?

Y: Ich bin nicht wirklich politisch, aber wenn man über die Gesellschaft schreibt, dann spricht man natürlich auch Dinge an, die politisch sind.

MUM: “New Africa” handelt von einem Afrika ohne Grenzen, Kriege und Völkerprobleme. Ist das etwas, was du dir wünschst oder etwas, was du kommen siehst?

Y: Ich habe das im Herzen und hoffe, dass es eintritt. Ich denke, Musik kann viel Kraft haben, und manchem offenbart sie auch erst verschiedene Dinge. Das große Konzert für Nelson Mandela in London damals, das in die ganze Welt übertragen wurde, hat viel dazu beigetragen, Entscheidungen zu bringen, und dann sieht man den Präsidenten hinterher tanzen und so der Musik danken. Man kann manchmal sehen, wie wichtig Musik ist und wie sie Menschen einander näher bringen kann.

MUM: Du siehst dich auch als Botschafter afrikanischer Musik für die Welt?

Y: Ich kann einer sein, durch meinen Erfolg und dadurch, dass ich über meine Erlebnisse schreibe. Nicht nur Songs wie “7 Seconds”, die nur etwas afrikanisch klingen, wollen die Menschen hören, sie wollen mehr wissen über Rhythmen und Musik aus Afrika.

MUM: “7 Seconds” hat dir damals sehr geholfen, bekannt zu werden außerhalb Afrikas.

Y: Ja, das Stück hat mir und meiner Musik die Tore geöffnet.

MUM: Hast du noch Kontakt zu Neneh Cherry?

Y: Ja.

MUM: Gibt es Pläne, vielleicht auch mit ihr noch einmal ein Stück aufzunehmen?

Y: Nein, aber man weiß nie, was die Zukunft bringt.

MUM: Lass uns noch über das Hospital sprechen, was hat es damit auf sich?

Y: Das ist etwas, was ich für die Kinder in Senegal mache. Wir haben dort ein Krankenhaus für herzkranke Kinder erbaut, die eigentlich nach Europa kommen müssten für eine Operation. In dem Hospital wird ihnen geholfen.

MUM: Was ist deine Rolle hierbei?

Y: Ich helfe, Geld hierfür aufzutreiben, durch Kontakte, aber auch durch meine Platten und anderen Aktivitäten.

MUM: Für UNICEF arbeitest du auch?

Y: Ja, das tue ich.

MUM: Ist Senegal denn immernoch ein sehr armes Land, oder wächst es langsam in eine bessere Situation?

Y: Es wächst. Senegal ist ein armes Land, aber auch ein glückliches. Es gibt schon noch viele Probleme.

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MUM: Mucke und mehr
Y: Youssou N’Dour

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