Home MusikInterviews Neal Morse zu seinem ersten, selbstbetitelten Soloalbum (10/99)

Neal Morse zu seinem ersten, selbstbetitelten Soloalbum (10/99)

Autor: Tobi

Neal Morse kennt der eine oder andere vielleicht als Frontmann der Progressive Rock-Band Spock’s Beard. Vor kurzem erschien nun sein erstes Soloalbum, einfach und schlicht “Neal Morse” betitelt. Die Scheibe bietet, wie ich in der Rezension schrieb, “melodischen Rock der bodenständigen Art, nicht zu hart, aber schon auch mal kräftig, ebenso aber auch gerne mal soft und gefühlvoll, je nach Song”. Eine gelungene CD, die sich prima durchhören läßt. Neal schrieb hierauf nicht nur alle Songs, er arrangierte sie auch und spielte den Großteil der Instrumente … schließlich produzierte er die CD auch noch – Multitalent nennt man sowas wohl!

Aufgewachsen im San Fernando Valley bei Los Angeles kam Neal schon früh mit der Musik in Berührung, wobei der Vater als Chorleiter sicherlich großen Anteil daran hatte. Mit fünf Jahren begann Neal mit Klavierunterricht, mit neun Jahren sang er in der Oper, kurz darauf entdeckte er seine Liebe zur Gitarre. In seinen Zwanzigern spielte er überall in Los Angeles, in der Hoffnung, als Singer/Songwriter entdeckt zu werden, und er schrieb zwei komplett arrangierte Musicals. Irgendwann hatte er keine Lust mehr auf L.A. und siedelt nach Europa über, um auf der Straße oder in kleinen Clubs zu musizieren. Zurück in den Staaten gründete Neal mit seinem Bruder Al die Band Spock’s Beard, 1994 nahm man endlich das Album “The Light” auf, mit dem die Jungs dann auch Erfolge bei Fans und Kritikern feiern konnten. Es folgten drei weitere Studioalben und eine Live-Scheibe.

1999 brachte weitere Facetten in die Story des Neal Morse. Im Frühjahr erschien eine Spock’s Beard-CD, er nahm sein Solodebüt auf, er nahm mit anderen Musikern an einem Projekt teil, das Anfang 2000 erscheinen wird … und zwischendurch fand er noch die Zeit, mit Spock’s Beard-Drummer Nick D’Virgilio eine Akustiktour durch deutsche und holländische Irish Pubs zu spielen. Momentan wird die anstehende Spock’s Beard-Europatour vorbereitet, also keine Pause in Sicht. Trotz allem Streß fand Neal Morse die Zeit, und ein paar Fragen zu beantworten.

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“Ich hasse Relaxen. Ich glaube nicht, daß ich ein Workaholic bin, aber meine Frau findet das schon.”

MUM: Neal, war es schon lange ein Plan von dir, eine Soloscheibe aufzunehmen?

NM: Ja, das ist etwas, was ich schon immer machen wollte. Ich nehme seit vielen Jahren zuhause Demos und irgendwelche Sachen auf, wobei ich alle Parts selbst spielte. Das ist also für mich nichts besonderes. Als Thomas von InsideOut dann vorschlug, eine Soloplatte zu machen, da war es irgendwie genau die richtige Zeit hierfür.

MUM: Deine Scheibe hat in meiner Rezension neun von zehn Punkten erhalten, weil ich sie wirklich gut finde. Wie waren die Reaktionen von Fans und Kritikern auf die CD?

NM: Soweit recht gut. Michael Rensen von Rock Hard gab mir neuneinhalb statt zehn Punkten, weil ich die Spock’s Beard-Jungs nicht dabei habe. Ich bin wirklich dankbar, dass die Fans die Scheibe so gut annehmen, ich hatte mir Sorgen gemacht, es wäre zu mainstreamig für die meisten von ihnen, aber es scheint ihnen größtenteils doch zu gefallen.

MUM: Du hast tolle Melodien in deinen Songs. Sind sie für dich am wichtigsten, wenn du einen Song schreibst?

NM: Zuerst kommt die Musik. Manchmal entstehen Musik und Text zur gleichen Zeit, aber eher selten. Normalerweise kritzel ich immer noch an den texten rum, während ich den letztendlichen Gesang aufnehme. Nicht, dass die Texte unwichtig sind, gerade auf meinem Soloalbum, welches mehr songorientiert ist, die Texte sind wirklich wichtig bei den meisten der Songs. Besonders bei einem Track wie “Emma”, wußtest du eigentlich, dass ich den Song bereits 1981 geschrieben habe? Ich bin sehr froh, dass das Stück doch noch das Tageslicht erblickt hat.

MUM: Wo siehst du die größten Unterschiede, wenn du Spock’s Beard mit deiner Soloscheibe vergleichst?

NM: Es ist lustig, einige Leute meinen, dass ich solo völlig anders klinge als Spock’s Beard. Andere fragen mich, warum ich ein Album gemacht habe, das genauso wie Spock’s Beard klingt. Ich denke, es ist etwas völlig anderes, mal abgesehen vom letzten Track und “Lost Cause”. Die Arrangements sind einfach und die Songs selber würden sich auf einer Spock’s Beard-Scheibe nicht wohl fühlen. Das ist sicher einer der Gründe, warum ich dieses Album gemacht habe, ich konnte so einige gradlinige Sachen verwirklichen. Ich meine, ich liebe Prog und all dies, aber ein Mann lebt nicht von Prog alleine.

MUM: Du hast früher mal zwei komplette Musicals geschrieben. Denkst du immer noch darüber nach, sie einmal zu verwirklichen?

NM: Witzig, dass du darauf ansprichst. Ich habe vor einigen Tagen das “Sound Of Music”-Musical mit meinem Sohn angeschaut, und ich dachte bei mir, dass ich dies auch gerne wieder machen würde. Ich weiß nicht, was genau an Musicals immer wieder meine Herz anzieht. Also, nachdem ich all dies gesagt habe, ich habe kürzlich erst darüber wieder nachgedacht.

MUM: Wie kamst du auf die Idee, akustische Sets in Irish Pubs Hollands und Deutschlands mit Nick zu spielen, und hat es dir Spaß gemacht?

NM: Nun, als ich die Eric Burdon Band Anfang des Jahres verließ, da überlegten Thomas und ich hin und her, wie ich etwas Geld machen und gleichzeitig Spock’s Beard promoten könnte, und Thomas kam auf diese Akustikgeschichte, welche dann mehr als leeres Gerede wurde. Ich mag die lockere Atmosphäre in Pubs, du bist nicht an eine Setlist oder so gebunden, und du kannst da was tolles erreichen, wenn du dir mühe gibst. Wir wußten überhaupt nicht, was uns erwartet, aber das Publikum war großartig und wir hatten viel Spaß.

MUM: Du bist irgendwie ein Arbeitssüchtiger, oder? Du nimmst mit Spock’s Beard auf, machst eine Soloscheibe, machst diese Pub-Tour, machst Aufnahmen für dieses andere Projekt, das Anfang 2000 erscheint, du tourst mit Spock’s Beard – willst du nicht auch mal einfach nur relaxen?

NM: Ich hasse Relaxen. Ich glaube nicht, daß ich ein Workaholic bin, aber meine Frau findet das schon. Ehrlich gesagt, wenn es nach mir ginge, dann könnte ich noch viel mehr tun. Ich nehme auch noch viele Demo-Songs auf und leite nebenher Radiant Records.

MUM: Was haben eigentlich die anderen Jungs von Spock’s Beard über deine Soloscheibe gesagt?

NM: Nicht viel, aber ich denke mal, sie mögen sie.

MUM: Wirst du mit deinen Solosachen auch touren?

NM: Ich würde das gerne tun, mal abwarten, wie gut sich die Platte macht.

MUM: Was willst du dem Hörer eigentlich mit deinen Songs vermitteln?

NM: Nun, jeder Song ist verschieden, das hängt immer davon ab. Einige Songs auf diesem Album sind wirklich eher depressiv, was ich gar nicht so recht gemerkt habe, bis ich die Songauswahl getroffen hatte. Aber im Endeffekt wird alles mit der Musik dann doch wieder irgendwie fröhlich und aufblickend, glaube ich.

MUM: Ich habe noch eine obligatorische Schlußfrage. Welche Frage würdest du gerne mal gestellt kriegen und wie würdest du sie beantworten?

NM: Da gibt es eigentlich keine, aber laß mich nachdenken. Frage: “Neal, wie wurdest du zum Sprechorgan deiner Generation?”. Antwort: “Einfach Glück, denke ich!”

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MUM: Mucke und mehr
NM: Neal Morse

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