Der phönizische Meisterstreich
Darsteller: Benicio del Toro, Mia Threapleton, Michael Cera, Tom Hanks
Regie: Wes Anderson
Dauer: 93 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.upig.de/micro/der-phonizische-meisterstreich
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Kinostart: 29. Mai 2025
Den US-amerikanischen Regisseur, Drehbuchautor und Produzenten Wes Anderson lieben viele für seine so besonderen, skurrilen, einfallsreichen, optisch delikaten und mit tollen Details sowie lakonischem Humor aufwartenden Werke – während andere mit seinen Filmen nicht warm werden. Nicht nur Kritiker und ein Großteil des Publikums waren oft sehr angetan, ob nun von “Die Royal Tenenbaums” (2001) oder “Grand Budapest Hotel” (2014), und auch seine Ausflüge in den Animationsfilm mit “Der fantastische Mr. Fox” (2009) sowie “Isle of Dogs – Ataris Reise” (2018) wussten zu überzeugen. Nachdem Anderson mit “The French Dispatch” 2018 sein nächstes Meisterwerk vorlegte und mit umwerfendem Cast eine Liebeserklärung an unabhängigen Journalismus und Frankreich servierte, konnte seine verschrobene Alien-Komödie “Asteroid City” 2023 trotz Starensemble und witziger Einfälle nicht ganz mit ihrer Handlung überzeugen. Genauso ist es nun auch bei seinem neuesten Film “Der phönizische Meisterstreich”.
Dass es auch hier in der Besetzung wieder nicht an bekannten Schauspielgrößen mangelt, das muss man bei Anderson ja kaum noch erwähnen – im Gegenteil, die Liste der großen Namen ist stets fast zu lang, um sie alle zu nennen, vor allem da sie teilweise ja auch nur in kurzen Momenten zu sehen sind, so wie hier Bill Murray vollbärtig als Gott in mal Todesnähe, mal Erinnerung symbolisierenden Schwarz-Weiß-Momenten, in denen dann auch noch Willem Dafoe, Charlotte Gainsbourg und F. Murray Abraham auftauchen, jedoch nicht wirklich mit Mehrwert außer einem “Ach guck mal, der oder die ist auch dabei”-Effekt – der allerdings ziemlich verpufft, wenn die Namen in der Reihenfolge ihres Erscheinens bereits im Vorspann durchlaufen. In den Hauptrollen hingegen sehen wir Benicio del Toro, Michael Cera und die bisher sicher noch nicht jedem vertraute Mia Threapleton, Kate Winslets Tochter.
Wo wir gerade schon todesnahe Schwarz-Weiß-Momente erwähnten, da geht es doch direkt einmal mit einem Flugzeugabsturz los und es wird schnell klar, dass dem schwer reichen Zsa-zsa Korda (del Toro) nicht zum ersten Mal nach dem Leben getrachtet wird, der aber im Gegensatz zu seinem weggesprengten Helfer überlebt, nachdem er rasch noch den flugunfähig gemachten Piloten seines Privatflugzeugs (Steve Park) per Schleudersitz hinaus befördert und in einem Maisfeld bruchlandet. Ramponiert macht sich Korda daran, sein Erbe zu klären und die Geschicke seines Familienunternehmens in die Hände seiner Nachkommen zu legen – wobei, nein, nicht seine neun hyperaktiv nervigen und auch gerne mal mit Pfeilen um sich schießenden Söhne sollen es sein, sondern ausgerechnet seine schon etwas ältere Tochter Liesl (Threapleton).
Nicht nur, weil er diese schon seit sechs Jahren nicht mehr gesehen hat, ist selbige missgelaunt und schwer verwundert. Als Nonne im Kloster hat sie mit der offensichtlich zwielichtigen Geschäftswelt wenig am Talar, stimmt dann aber doch zu, ihre Probezeit als Alleinerbin und zukünftige Firmenchefin anzutreten, auch weil der Herr Papa versichert, dass er nicht wie kolportiert alle seine drei Ehefrauen ermorden ließ, inkl. ihrer Mutter – und zustimmt, bei den anstehenden Aufgaben keine Sklaven mehr einzusetzen und Gutes für die verarmte Region zu tun. Zusammen mit dem Insektenforscher Bjorn Lund (Cera) als Assistenten machen sich Vater und Tochter auf den Weg, vier wichtige Geschäftsmänner dazu zu bewegen, ihren Anteil an der Finanzierung des riesigen, große Bauprojekte im Nahen Osten beinhaltenden Infrastrukturprojekts zu tragen, das er “Phönizischer Meisterstreich” nennt und dessen Planung er in neun sorgfältig präparierten Schuhkartons präsentiert – während eine gegen ihn agierende Runde um den verschlagenen Exkalibur (Rupert Friend) die Aktienkurse so beeinflusst, dass es für Korda geschäftlich schwierig wird, und Widersacher sowie Terroristen ihn weiter aus dem Weg räumen wollen.

Mia Threapleton als Liesl und Benicio Del Toro als Zsa-Zsa Korda
(© 2025 TPS Productions / Focus Features. All Rights Reserved.)
Klingt kompliziert? Das ist es auch. Die Story, die sich Anderson erneut mit Langzeit-Kollaboratur Roman Coppola für “Der phönizische Meisterstreich” ausdachte, ist zwar bei ausreichend Konzentration irgendwie verständlich, aber sie weiß einen wenig zu begeistern. So ist es dann wie zuletzt, dass Andersons typischer Stil mit Aufnahmen in Pastelltönen und optisch starken Bildkompositionen gepaart mit nostalgischem Retro-Flair – hier der 1950er-Jahre – und jeder Menge skurriler Charaktere samt trockenem Humor zwar wieder zu gefallen weiß, diese Mischung bei all ihrem Reiz aber eben auch nicht mehr neu ist. Etwas dunkler und bissiger noch mutet das alles zwar diesmal an, und doch weiß einen der Streifen nicht wirklich zu packen, besitzt Längen und enttäuscht somit doch etwas im Vergleich zu seinen filmischen Höhepunkten.
Man erfreut sich an der leinwandfüllenden Badezimmer-Vogelperspektive im Vorspann, wo der vom Flugzeugabsturz gezeichnete Korda mit Zigarre in der Wanne entspannt und hierbei von diversen Bediensteten umsorgt wird, an Tom Hanks und Bryan Cranston, die im Bahntunnel zur geschäftlichen Klärung einen Basketball heraus holen und zum Streetball-Match auffordern, und an einem toll aufspielenden Benicio del Toro. Dass zwischen seinem nach und nach mehr Menschlichkeit entwickelnden Zsa-Zsa und der weltlichen Genüssen immer offeneren Liesl wieder eine Vater-Tochter-Beziehung entsteht, das weiß einen mehr zu fesseln als die sich prozentual verschiebenden Erfolgschancen der Geschäftsgebahren oder die im Raum stehende Frage, wer ihre Mutter denn nun einst getötet hat, denn das könnte ja auch Kordas Halbbruder Nubar (Benedict Cumberbatch) gewesen sein, zu dem es natürlich auch noch geht, ebenso wie zu Cousine Hilda (Scarlett Johansson). “Der phönizische Meisterstreich” – ein Letzterer ist er leider nicht.
Trailer:
Bewertung: 6 von 10 Punkten
