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Johannes Oerding – Kritik des Konzerts in Köln am 3. November 2017

Autor: Tobi

Johannes Oerding 2017 live

Mit Johannes Oerding spielte einer der momentan angesagten Liedermacher der Republik am Abend des 3. November 2017 in Köln, und das Palladium war mit seinen knapp 4.000 Zuschauern Fassungsvermögen vielleicht nicht ganz voll, aber doch gut gefüllt. Mit dem Longplayer “Für immer ab jetzt” war Oerding 2013 der Durchbruch in vordere Chartpositionen gelungen, mit “Alles brennt” (Platz 3 in den deutschen Albumcharts) konnte Oerding den Erfolg bestätigen, und das aktuelle Album “Kreise” kletterte sogar bis auf Platz 2.

Von 20 Uhr an eröffneten Tonbandgerät aus Hamburg den Abend und spielten eine halbe Stunde, die als Opener einigermaßen gut funktionierte. Zwischen den Songs versuchte Sänger Ole zwar stets etwas übereifrig, die Besucher zu motivieren, die immer gerne genommene Mitklatsch-Nummer funktionierte aber mehrfach recht gut. “Lass uns so blau wie der Himmel sein” wurde den Kölnern gewidmet, die hiermit nicht zu Unrecht als trinkfreudiges Volk eingestuft wurden, und ansonsten erfuhr man auch, dass die Band ihr zweites Album “Wenn das Feuerwerk landet” in Köln aufgenommen hat und in puncto Lebensart vor allem den Unterschied fest stellte, dass man in Köln auch gerne alleine zum Feiern raus gehen kann, während man dann in Hamburg schon als Freak gilt. Die Band schaffte es allerdings erst mit dem letzen Song “Alles geht”, den Schülerband-Charme abzulegen – da geht noch mehr.

Um 21 Uhr betrat Johannes Oerding mit seinen vier Mitstreitern an Gitarre, Bass, Keyboards und Schlagzeug den Saal, und es wurde schnell deutlich, wie Oerding die Meute in den Griff kriegen würde – nämlich mit einer ansprechenden Mischung aus Entertainment und Songs. Mit “Leuchtschrift (Große Freiheit)” eröffnete er den Abend, begleitet von einer amtlichen Lichtshow, dazu gab es neun Spiegel hinter der Bühne, in denen sich das Geschehen spiegelte. Oerding begleitete seine Songs oftmals mit Ansagen, die voll auf das Publikum zugeschnitten waren – was einen ungewohnt großen Redeanteil mit sich brachte. Ob er mit “Der FC Köln spielt immer noch international” die Stimmung hob oder jeden im Publikum aufforderte, der Person rechts, links, hinter und vor sich die Hand zu reichen und sich vorzustellen – Oerding entpuppte sich wahrlich als Entertainer, mehr als für mich als Erstbesucher vermutet.

Bei “Tetris” ließ Oerding seinen Keyboarder die bekannte Spiele-Melodie spielen, und “So schön” wurde besonders ausgiebig zelebriert, mit drei Gruppen an Publikumsstimmen, wobei er die Männer des Hauses mit “Der FC hat 5:2 gewonnen”-Stimme rekrutierte, alle Frauen unter 30 – dann dank schmaler Stimme 40, und alle Mädchen über 40 Jahren – und das war hier hörbar die Majorität.

Mit dem auf einer miesen Kritik eines Augsburger Journalisten basierenden “Traurig aber wahr” wurde Trauma-Bewältigung betrieben. Gitarrist Moritz Stahl bekam seine Momente für feine Soli wie bei “Stein für Stein”, und Oerding erzählte von seiner Lehrerin Frau Rosen, in die er als 14-jähriger verknallt war, die ihn mit ihren ungefähr 26 Lenzen aber abblitzen ließ – Grund genug, “Zu spät” von den Ärzten anzustimmen, welches dann in “100 Leben” überging.

Nach dem stimmungsvollen “Love Me Tinder” wurde Adamskis “Killer” als Übergang zu “Jemanden wie dich” genutzt. Selbst David Hasselhoffs “Looking For Freedom” wurde angespielt, um dann auf tribale Art und Weise in den letzten großen Hit “Kreise” zu münden. Für “Zieh dich aus” erklärte Oerding den Saal zum Swinger-Palladium, bot dann noch einen Abgesang zu “No Diggity”-Grooves. Selbst “Dirty Dancing” war nicht vor ihm sicher, als er mit “Ich find den Film auch scheiße, aber der Song ist geil” eingeleitet einen Teil von “Time Of My Life” zum Besten gab.

Irgendwann war es 22.25 Uhr, und die Pause zwischen Set und Zugabe wurde nicht vertrödelt, sondern von einem ansprechenden Drum-Solo gefüllt. Bei “Morgen” mischte sich Oerding dann ins Publikum und schritt nach hinten, um schließlich in der Mitte beim Technik-Pult zu enden, wo ein Piano mit gemütlicher Lampe positioniert war. Dort spielte er dann noch in intimer Atmosphäre “Zwischen Mann und Kind”, dankte dem Publikum von ganzem Herzen für das ersehnte Konzert im großen Palladium, und fügte “Alles brennt” an.

Wer dachte, damit wäre es vorbei, der sah sich getäuscht, denn mit “Wenn Du lebst”, “Engel” und noch einmal einem Teil vom ersten Song des Abends, “Leuchtschrift (Große Freiheit)”, beendete Oerding ein gutes Konzert dann doch wieder von der Bühne – nach 130 Minuten.

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Links:
Website von Johannes Oerding
Website des Palladium Köln

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