Home Film “Der goldene Handschuh” – Kranker Scheiß, der aber auch unterhält

“Der goldene Handschuh” – Kranker Scheiß, der aber auch unterhält

Autor: Tobi

"Der goldene Handschuh" Filmplakat

Der goldene Handschuh

Darsteller: Jonas Dassler, Margarethe Tiesel, Katja Studt, Martina Eitner-Acheampong
Regie: Fatih Akin
Dauer: 115 Minuten
FSK: freigegeben ab 18 Jahren
Website: www.warnerbros.de/kino/der_goldene_handschuh.html
Facebook: facebook.com/WarnerBrosGermany


Als Fatih Akins neuer Film “Der goldene Handschuh” seine Weltpremiere im Wettbewerb der 69. Berlinale feierte, da waren Diskussionen über den Film bereits in vollem Gange, noch bevor er überhaupt zu sehen war. Angefeuert wurden diese natürlich dadurch, dass dem Streifen auf Grund der gezeigten Gewalt keine Jugendfreigabe erteilt wurde und dass Akin in Interviews vorschlug, Frauen sollten den Film am besten nicht sehen.

Verlässt man das Kino, so kommen einem zwei Worte direkt in den Sinn: kranker Scheiß. Während es allerdings nicht so ist, dass der Streifen scheiße wäre, liegt die Einordnung als “krank” da deutlich näher, was sich aber weniger auf die Machart bezieht als auf die Morde, die thematisiert werden, und vor allem ihre Durchführung und mangelhafte Nachbereitung, auch wenn das irgendwie zu wissenschaftlich klingt.

Es geht um Fritz Honka. Diesen gab es im Hamburg der 70er-Jahre wirklich, und im Roman “Der goldene Handschuh” erzählt Heinz Strunk von dessen Morden und seiner Lieblingskneipe “Zum goldenen Handschuh”. Erstere zeichneten sich vor allem dadurch aus, dass sich Honka (Jonas Dassler) als hässlicher Fratz triebgesteuert auch weniger attraktive weibliche Wesen wie ältere Suffnäserinnen mit nach Hause nahm, um Sex zu haben, und manchmal artete das Ganze dann so aus, dass die Damen seine herunter gekommene Bude nicht mehr oder nur noch in Einzelteilen verließen, während Reste von ihnen in Zeitung eingehüllt in der Wand verstaut wurden. Das stank zum Himmel, aber den Geruch schob der Fiesling schlicht auf die Ausländer unter ihm, die alles mögliche kochen würden.

Was wir sehen, schockiert in der Deutlichkeit, in der es gezeigt wird – hier wird das Auge nicht verschont. Eigentlich aber ist es nicht nur das Bildnis eines Psychopathen, sondern ein amtliches Trauerspiel, das sich am unteren, besoffenen Rand der Gesellschaft abspielt. Sympathisieren kann man mit Honka natürlich nicht, und doch wird gezeigt, dass er eigentlich aus seinem üblen Sumpf heraus finden wollte, mit Abkehr vom Alkohol und einem richtigen Job, aber abnormaler Trieb und die Unfähigkeit, komplett dem Hochprozentigen zu entsagen, führten wieder ins Verderben.

Bleibt die Frage, warum man sich solch kranken Mist denn überhaupt anschauen sollte. Vielleicht, weil der aufstrebende Jonas Dassler den Übeltäter sehr gut spielt, ohne sich selbst und das Auge des Betrachters zu schonen. Vor allem aber, weil das Ganze als Milieustudie funktioniert, denn die namensgebende Kiezkneipe serviert einem mit ihren witzig trockenen Wirten und ihren so unterschiedlich herunter gekommenen Stammbesuchern doch einige Lacher zwischen all dem Ekel und Schocken der Morde, und auch Honkas Wohnung passt so gut ins Bild mit den Postern von nackten Schönheiten an der Wand und den aufgelegten Schlagern, die von Sehnsucht und Liebe erzählen, während der Hausherr sich erst einmal selbst in Stimmung rubbeln muss, weil seine Mitbringsel in puncto Erotik eher weniger zu bieten haben.

“Der goldene Handschuh” ist in jedem Fall kein Film, den man für einen lockeren oder unterhaltsamen Abend empfehlen kann. Hierfür ist er aber ja auch nicht gemacht, sondern eher für Schock, Provokation und Polarisation, und in diesen Belangen funktioniert er gut.

Trailer:

Bewertung: 5 von 10 Punkten

 

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