Home MusikKonzertberichte Kraftklub bieten ein ziemlich perfektes Konzert (Köln, 28. November 2022)

Kraftklub bieten ein ziemlich perfektes Konzert (Köln, 28. November 2022)

Autor: Tobi
Kraftklub (© Philipp Gladsome)

(© Philipp Gladsome)

Nachdem wir uns bereits Richtung Weihnachtszeit 2022 bewegen und nach wie vor keine neue Corona-Welle mit weitreichenden Schutzmaßnahmen ausgerufen wurde, wird immer klarer, dass wir zu einer lange vermissten Normalität zurückfinden. Zu dieser gehören einige Zeit bereits auch wieder Livekonzerte, und doch waren selbige zunächst verständlicherweise noch mit Vorsicht angenommen worden, und in teilweise halbleeren Hallen oder Clubs bewegten sich viele noch mit Maske. Inzwischen werden die Locations wieder voller, die Stimmung wird wieder ausgelassener. Wenn es einen Beweis hierfür erfordert, dann liefert ihn die aktuelle Tour von Kraftklub, die für viele Locations “ausverkauft” vermelden konnte.

So war es auch in Köln, wo die fünf Jungs aus Chemnitz das knapp 4.000 Besucher fassende Palladium gleich zwei Abende in Folge füllen konnten. Das erste von diesen Konzerte, das eigentliche Zusatzkonzert, fand am 28. November 2022 statt, und für den regen Zulauf gab es gleich mehrere Gründe. Aktivitäten in großen Mengen schrecken nicht mehr ab und die sowieso ja nur zwangspausierte Lust auf Livegigs ist zurück – vor allem aber handelt es sich um eine Band, die mit ihrem im September veröffentlichten vierten Album “Kargo” zum vierten Mal auf Platz 1 der Charts schießen konnte und die sich mit ihren griffigen Rock-Songs einen Ruf als hervorragende Liveband erspielt hat.

Nachdem Kraftklub die vier vorher angesetzten Shows krankheitsbedingt absagen mussten, setzten sie ihre Tour, bei der die Ersatztermine erfreulich schnell für den Dezember verkündet wurden, in Köln fort. Eröffnet wurde der Abend hierbei erstmals auf der “Kargo”-Tour von der Indie-Sängerin Mia Morgan, die mit ihren zwei Mitmusikern ab 20 Uhr eine halbe Stunde lang Songs aus dem Debütalbum “Fleisch” vorstellte – von Felix Kummer persönlich angesagt, der daran erinnerte, dass auch Kraftklub mal als Supportband starteten, und darum bat, bei Mia Morgan doch bereits Stimmung zu machen. Das Trio auf der Bühne machte einen durchaus ordentlichen Eindruck und bot abwechslungsreiche Stücke, litt allerdings darunter, dass der Sound nicht optimal abgemischt wurde, so dass man vieles vom Text nicht verstehen konnte, was bei noch eher unbekannten Liedern natürlich blöd ist – wobei Mia ihren bekanntesten, bereits vier Jahre alten Song “Waveboy” nicht ausließ, der am besten ankam.

Um 20.55 Uhr dann kamen Kraftklub auf die Bühne und hatten den vollgepackten Saal von der ersten Sekunde an in ihrer Hand, als sie mit “In meinem Kopf” und “Fahr mit mir (4×4)” aus dem aktuellen Album ihren Gig eröffneten. Dass der mit seiner Bühnenpräsenz, viel Energie und starkem Gesang hervorragende Frontmann Felix Kummer recht schnell deutlich machte, dass sie den kompletten Longplayer spielen würden, weil sie einfach Spaß daran hätten, schadete der Stimmung keinesfalls. Viel zu gut hatten die eng and eng stehenden, tanzenden und springenden Fans die neuen Songs bereits inhalliert und konnten auch hier fast alles mitsingen, was absolut außerordentlich ist.

Hinzu kam, dass bei einem Konzert von knapp über zwei Stunden natürlich auch viel Raum für Songs aus den anderen drei Scheiben blieb, und so folgten dann mit “Mein Leben” aus dem ersten Album “Mit K” (2012) und dem abgefeierten “Unsere Fans” aus dem Nachfolger “In Schwarz” (2014) auch direkt zwei ältere Stücke. Es blieb allerdings bemerkenswert, wie sehr alle Stücke zelebriert wurden, so dass auch die neuen Titel wie “Wittenberg ist nicht Paris”, “Vierter September” oder “So schön” einfach nur viel Freude machten.

Kraftklub präsentierten sich erneut als die energiegeladene, bestens harmonierende und auch live ihr Handwerk verstehende Formation, die mit ihren Konzerten komplett gefangen zu nehmen weiß, auch weil die Jungs es ausgezeichnet verstehen, selbst die Songs, die auf den Alben weniger als Highlights auffallen, in ihren Gigs mit so viel Schwung und Kraft zu versehen, dass sie mitreißen. Hinzu kommt, dass sie nicht nur hervorragende Lichterarrangements im Gepäck hatten, sondern auch einige bestens platzierte Showelemente. So froren sie mitten in “Eure Mädchen” zum Beispiel für einige Zeit mitten im Stück zu weißem Licht scheinbar ein und standen in ihren Positionen still, während ein Helfer Felix unaufgeregt eine Konfettikanone in die Hand drückte, bevor der Song mit Papierschnipselregen in der gesamten Halle explodierend weiter ging.

Später beim zittrig getragenen “Angst” wurde die Gitarre plötzlich mal auf einem mehrere Meter hochgefahrenen Podest gespielt, bevor gegen Ende der die Bühne auch rechts und links umgebende Vorhang wieder herunter gelassen wurde und nur Felix in rotem Licht zu Piano davor den Song beendete, mit Zuschauergesängen. Für “Kein Gott, kein Staat, nur du” kam Mia Morgan noch einmal auf die Bühne und sang, nun im Brautkleid, mit, was natürlich bestens passte, tut sie dies bei dem Stück doch auch in der Studioversion.

Neben sympathischen Ansagen inkl. Solidaritätsbekundung für die ProtestlerInnen im Iran zeigt sich die Band auch sonst publikumsnah. Nach ihrem gefeierten Hit “Ich will nicht nach Berlin” holten sie ein Glücksrad auf die Bühne, und Sarah stieg aus den ersten Reihen ebenfalls auf selbige, um dann den nächsten Song ausdrehen zu dürfen – den von ihr favorisierten “Irgendeine Nummer”, zu dem sie dann stagedivend wieder in die Menge verschwand. Aber auch die Jungs kamen herunter. In Köln hatten sie zwar keine zusätzliche kleine Bühne mitten im Saal, gingen aber trotzdem in die Mitte der Fans, um die ruhigen Stücke “Kein Liebeslied” und “Bei dir”, das von Kummers Soloscheibe “Kiox” stammt, zu spielen. Und nicht nur dies, zu zweit, nun erhöht auf einer Kiste stehend, wurde auch noch der nicht auf einem Album der Band zu findende Rapsong “500 K” in den Raum geschmettert.

Mit “Karl-Marx-Stadt” und “Schüsse in die Luft” ging es umjubelt dann wieder auf der normalen Bühne weiter, gefolgt von dem nicht weniger gefeierten “Randale”, für das Kummer den momentan vieldiskutierten Protestaktionen von Umweltschützern seine Sympathie bekundete und bei dem riesige Fahnen geschwenkt wurden, und dem groovig abrockenden “Chemie Chemie Ya” vom dritten Longplayer “Keine Nacht für Niemand” (2017).

Die Tatsache, dass in der Zugabe dann mit “Blaues Licht” und “Ein Song reicht” noch einmal zwei Songs von “Kargo” gespielt wurden, untermauerte, wie sehr diese Scheibe jetzt schon zum Standard der Band gehört, und mit dem tollen “Songs für Liam” vom Debüt wurde ein ziemlich perfektes Konzert abgeschlossen.

Hier die weiteren Termine der Tour:

29.11.2022 Köln, Palladium
01.12.2022 Berlin, Max-Schmeling-Halle
02.12.2022 Leipzig, Quarterback Immobilien Arena
03.12.2022 Frankfurt a. M., Festhalle
04.12.2022 Erfurt, Messehalle
07.12.2022 Münster, Halle Münsterland
09.12.2022 Stuttgart, Schleyer-Halle
10.12.2022 CH-Zürich, Halle 622
11.12.2022 Düsseldorf, Mitsubishi Electric Halle

Sommer 2023 Open Airs:

24.06.2023 Köln, Fühlinger See
05.08.2023 Berlin, Parkbühne Wuhlheide
02.09.2023 Dresden, Festwiese Rinne

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Links:
Website von Kraftklub
Instagram-Account von Mia Morgan
Website des Palladium Köln

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