Home MusikKonzertberichte Böhse Onkelz – Kritik des Konzerts in Berlin am 2. Juni 2000

Böhse Onkelz – Kritik des Konzerts in Berlin am 2. Juni 2000

Autor: Tobi

Als ich die Böhsen Onkelz auf der letzten Tournee in Bremen gesehen habe, da fühlte ich mich nicht wohl – zu viel Gewaltbereitschaft herrschte im Publikum und zu viele offensichtlich politisch rechts angesiedelte Gesellen waren in der Halle. Nun spielen die Onkelz nach neun Jahren erstmals wieder in Berlin, worauf man lange verzichtet hat, wohl wegen vermuteten Krawallen am Rande eines Konzertes.

Einige Jahre sind ins Land gegangen, in denen die Jungs um Songwriter und Bassist Stephan Weidner sich immer wieder Mühe gegeben haben, ihr rechtsradikales Image los zu werden, in Interviews, auf Konzerten oder auch in Texten wie “Ohne mich” vom Vorgängeralbum “Viva Los Tioz. Man mag über die Jungs aus Frankfurt denken, was man will, und natürlich mag es unwahrscheinlich sein, dass eine ganze Band gleichzeitig ihre dumpfe, bescheuerte und anfangs verkündete Gesinnung ändert, aber weder in Texten noch in Interviews noch sonstwo taucht in den letzten Jahren (sehr vielen Jahren) irgendetwas auf, was nach rechtslastig klingt.

“Ein böses Märchen aus 1000 finsteren Nächten” heißt das aktuelle Album, und mit diesem wissen die Onkelz wieder genauso zu überzeugen wie mit vielen vorherigen – die Lieder sprechen einem aus der Seele, sprechen eine klare Sprache, sprechen das aus, was man denkt. Das Fanbild hat sich inzwischen ebenfalls gewandelt. Bestes Beispiel ist dieses Konzert in der seit Monaten ausverkauften Berliner Waldbühne. Haben sich die Jungs schon vor langem von rechts abgewandt, die Fans sind längst mehr als gemischt. Man sieht Metal-Freaks, man sieht Normalos, man sieht auch Punks. Glatzen sieht man nicht mehr so viele, und wenn, dann ist ja auch nicht jede Glatze gleich ein gewaltbereiter Wirrkopf der rechten Szene. Vorne, unten vor der Bühne, gibt es einen recht harten Pogo von einer Gruppe muskelbepackter, nullhaariger Gesellen, die aber ansonsten nicht irgendwie auffallen, und links stehen ein paar BFC Dynamo-Hooligans, aber das sind nur wenige, und auch hier gibt es keinerlei Stunk.

Ansonsten ist alles sehr, sehr friedlich, viel friedlicher vielleicht, als man erwarten konnte. Die Stimmung ist einfach nur klasse, und die Onkelz lassen sich feiern, wobei man ihnen den Spaß an diesem Konzert nicht nur ansieht, sie drücken ihn auch mehrfach verbal aus. Zweieinhalb Stunden dauert der Auftritt, dann ist Schluss und muss auch Schluss sein, länger als bis 22 Uhr darf man nämlich in der Waldbühne leider nicht mehr lärmen. Auch wenn man so beim um 19.30 Uhr gestarteten Konzert nicht viel von der Lightshow zu sehen bekommt, die Jungs um Sänger Kevin und Kopf Stephan spielen (übertragen auf zwei Großleinwände neben der Bühne) ein gutes Set aus neuen Stücken und massig Klassikern, wobei sie auch mal wieder Stücke ausgraben, mit denen man vielleicht nicht gerechnet hatte. Natürlich schreien viele nach “Mexiko”, schließlich steht die Fußball-EM vor der Tür, und kurz vor Schluss wird die Menge dann auch bedient. Ein friedlicher Abend, ein gelungenes Konzert, ein weiterer Schritt auf dem Weg zurück in die Normalität.

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