Home MusikInterviews DJ und Produzent Moguai im Interview zu seinem neuen Album “Colors” (09/21 – mit Rezension)

DJ und Produzent Moguai im Interview zu seinem neuen Album “Colors” (09/21 – mit Rezension)

Autor: Tobi
Moguai (© Mika Ceron)

(© Mika Ceron)

Lange neun Jahre nach seinem letzten Album “Mpire” veröffentlicht der DJ und Produzent Moguai mit “Colors” am 1. Oktober 2021 seinen dritten Longplayer. Der 1973 geborene André Tegeler, wie Moguai bürgerlich heißt, gehört zu den Urgesteinen der elektronischen Musik in Deutschland. Weltweit legt er in Clubs und auf Festivals auf, hat zudem nicht nur jede Menge eigene Songs veröffentlicht, sondern auch sehr erfolgreich für diverse andere KünstlerInnen wie Sugababes, 2Raumwohnung oder Girls Aloud produziert oder Remixe gefertigt für Britney Spears, Beyoncé, Fatboy Slim, Cosmic Baby, Giorgio Moroder und viele mehr.

Seit 2000 ist Moguai zudem als Radio-DJ und Moderator bei 1 Live zu hören, und auch bei MDR Sputnik und Sunshine Live sorgt er für tanzbare elektronische Klänge, startete zudem 2008 seinen eigenen monatlichen Podcast “Punx Up The Volume”.

Im April 2010 veröffentlichte Moguai sein Debütalbum “We Ar Lyve”, zwei Jahre später folgte “Mpire”. Nun also gibt es nach langer Pause einen dritten Longplayer von André, den man kurz vor Erscheinen noch beim Deutschen Fernsehpreis 2021 sehen konnte, wo er als DJ für Hintergrunduntermalung und Pausenklänge sorgte.

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Auf den 45 Minuten seines neuen Albums “Colors” bietet Moguai eine Fusion aus Club-Dance, Underground-Pop und Radiotauglichkeit, wobei die meisten der 15 Tracks mit Gästen entstanden, zumeist am Mikro zu hören. Das eröffnende, hymnische “From Dusk Till Dawn” mit dem Engländer Georgie Keller legt den Grundstein für ein bestens tanzbares Album, das zwischen Dance, House, Pop und Techno abwechslungsreiche Tracks bietet, bei denen eingängige Melodien offensichtlich genauso wichtig waren wie gute Klänge und Beats.

Mit “Spices”, das mit Niino aufgenommen wurde, geht es bewegungsfreudig weiter, und das ändert sich auch nicht, wenn mit der spätsommerlich groovenden Single “Go Home” einer von nur drei Tracks folgt, die Moguai ohne Gast produziert hat.

Bei “Talk” mit Jan van der Toorn, “A Little Bit Of Faith” mit dem Australier Graham Candy und My Parade oder “Next To You” it den brasilianischen Superstars Dubdogz und der erst 18-jährigen Belgierin Jasmine Pace wird bester Dance-Pop verabreicht, ebenso wie bei “Something Beautiful” mit dem Engländer Andrew James Taylor, Sohn von Duran Duran-Gitarrist Andy Taylor, “Love Find Me” mit Alltag oder dem gut abgroovenden “Goodbye” mit der Niederländerin Mingue.

Mit dem druckvollen “Freaks”, “Alba” mit Influencerin Andrea Subotic und “Spaces”, das mit der amerikanischen DJane Madds entstand, wird es klanglich etwas club-technoider. “Enough” kommt hingegen gemeinsam mit Kelly Family-Sohn Iggi mal etwas getragener daher, wobei auch hier Tanzbarkeit nicht verloren gegangen ist. Lediglich die Coverversion von New Orders “Blue Monday” mit Lionshead und dem Niederländer Tim Hox sorgt für Stirnrunzeln – nicht weil sie schlecht gemacht wäre, sondern weil sicherlich einige diesen Klassiker am besten gar nicht adaptiert hören möchten. Mit “Do Not Feed” bietet Moguai dann noch einen sphärischeren, aber voll im Klang fast instrumentalen Abschluss eines insgesamt starken dritten Albums, das sich dank guter Produktion und Songs bestens durchhören oder auch durchtanzen lässt.

Über das Album und einiges mehr führten wir ein Interview mit André.

“Im Vordergrund steht für mich immer der Club oder das Festival. Da komme ich her und deshalb habe ich damals mit den DJ-ing angefangen und da müssen die Titel auch in erster Linie funktionieren.”

MUM: Dein letztes Album “Mpire” erschien im Jahr 2012. Warum hat es so lange gedauert, bis du wieder ein Albumformat bietest, wo du zwischendurch doch auch immer wieder neue Tracks veröffentlicht hast?

AT: Ja, das ist echt lange her seit 2012. Aber es war irgendwie noch nicht die Zeit, die Sachen auf ein Album zu packen. Und als DJ released du ständig irgendwelche Tracks und Tools. Alle vier Wochen habe ich einen Einzel-Release und da reicht es natürlich für mehrere Longplayer. Aber ganze Alben habe ich irgendwie nicht so gefühlt und deshalb habe ich immer nur Track by Track released. Dann hatte ich mir gedacht, jetzt ist echt mal wieder Zeit, ein Album zu machen, und habe dann auch das Album losgelöst von den Titeln produziert, die ich sonst als Einzel-Release veröffentlicht habe und habe gesagt: Okay, das Album soll “Colors” heißen und das muss colorful sein und soll alle Facetten zeigen, die ich spiele und mag. Daher ist erst jetzt das Album erschienen, weil auch vorher gar nicht so für mich der Gedanke da war, ein Album zu veröffentlichen.

MUM: Die meisten deiner Singles in den letzten Jahren waren Kollaborationen, und so ist es ja auch auf der neuen Scheibe. Macht es dir einfach mehr Spaß, mit anderen Künstlern zu arbeiten, oder geht es hauptsächlich darum, verschiedene Stimmen aufzubieten?

AT: Ich bin ein Teamplayer und bin im Team wirklich am stärksten im Studio. Also bin ich nicht einer, der alleine rumtüftelt und guckt was dabei rauskommt, sondern ich bin da wirklich Mannschaftsspieler und dafür brauche ich natürlich auch andere Spieler an meiner Seite. Deshalb entstehen so viele Kollaborationen mit Sängern/Sängerinnen, mit DJs, mit Bands. So wie es einfach passt und sich anbietet. Ich bin auch immer ein Freund davon die Acts zu nennen. Manche bringen DJ-Platten raus und da ist dann ein Sänger dabei, der begnadet ist, aber der wird dann so ein bisschen weggelassen, weil der Act im Vordergrund sein soll, und das finde ich immer so ein bisschen ‘naja geht so’. Deshalb bin ich ein Freund davon wirklich auch Ross und Reiter zu nennen und natürlich auch die, die mit an der Platte gearbeitet haben, auch mit in den Artist-Titel zu nehmen.

MUM: Sechs der Tracks hast du mit Videos bereits voraus geschickt – wie waren die Resonanzen?

AT: Ich bin kein YouTuber oder Influencer. Es gibt nicht so ein riesen Following auf YouTube oder auch auf TikTok. Für mich sind die Musikvideos immer begleitend zu sehen. Ich bin ja aus der MTV- und Viva-Ära und feiere immer, wenn ich ein cooles Musikvideo sehe. Deshalb, das war so die Hauptidee auch Videos zu einzelnen, sehr starken Singles zu machen und die, die das gesehen haben, feiern das total. Also die Resonanz ist bombastisch.

MUM: Welches ist dein Lieblingstrack auf dem Album, und warum?

AT: Mein Lieblingstück vom Album ist der letzte Track. Der heißt “Do Not Feed”. Eigentlich müsste es heißen “Do Not Feed After Midnight”, adaptiert von dem Film “Gremlins”, woher ich auch den Namen habe. Moguai, der Name, kommt jetzt nicht alleine nur durch den Film, sondern eigentlich durch meine Schwester, die Architektin ist und mal das Projekt hatte, in Barcelona eine Diskothek zu bauen. Daher kam eigentlich der Name, weil sie das Moguai genannt hat und ich habe das adaptiert und dachte, es hört sich besser an als DJ André. Das ist so ein bisschen eine Hommage an die alte Zeit. Und zudem ist es auch so, dass der Titel das vereint, so die Welten aus denen ich wirklich gekommen bin. So tiefster Underground bis zu Melodien, die auch kommerzieller sein können, und deshalb feiere ich den Track und er ist für mich mein Favorit vom ganzen Album.

MUM: Wie bist du auf Andrew James Taylor gekommen, den Sohn von Duran Durans Andy Taylor? Ich kannte diesen als Musiker bisher gar nicht.

AT: Ja, James Taylor, der Sohn von Andy Taylor, von Duran Duran, das ist ein guter Freund von meinem Mit-Producer Jaxon aus Dorsten. Der hatte mal mit ihm ein ganzes Album gemacht und da kam auch die Verbindung her. Der hatte diesen supergeilen Song und den habe ich produziert, und so ist es zu dieser Kollaboration gekommen.

MUM: Man hört deinen Tracks an, dass Tanzbarkeit und Melodie für dich wichtig sind. Was steht für dich noch im Vordergrund, wenn du einen Song erarbeitest?

AT: Im Vordergrund steht für mich immer der Club oder das Festival. Da komme ich her und deshalb habe ich damals mit den DJ-ing angefangen und da müssen die Titel auch in erster Linie funktionieren. Natürlich, im Spotify- und Streaming-Zeitalter werden die Titel meistens oder auch immer runtergekürzt auf 3 Minuten, besser sogar mit 2 davorstehend, und somit kommt die eigentliche Idee des Clubs manchmal so ein bisschen zu kurz. Deshalb habe ich viele Extended Versions auf dem Album und mache auch von allen Titeln immer Extended Versions, so dass ich sie auch selber im Club spielen kann, und natürlich auch alle anderen DJs weltweit.

MUM: Ich persönlich finde den Longplayer gut gelungen, kann mich aber mit dem Cover von “Blue Monday” nicht anfreunden, weil diese Nummer für mich im Original von New Order einfach so grandios ist, dass man sie nicht covern sollte. Ich denke, mit solchem Feedback von einigen hast du gerechnet – warum hast du den Klassiker trotzdem ausgewählt für eine Neuinterpretation?

AT: Ja, “Blue Monday”, das war so’n Ding und da geht man eigentlich nicht dran. Das ist so ein Klassiker, den macht man nicht, das gehört sich nicht. Aber wir waren im Studio mit Iggy/Lionshead und ich hatte ein Backing. Dann hatte er die Vocals darüber gesungen von “Blue Monday”, das ist schon drei oder vier Jahre her. Ich hatte eine andere Session, in Breda in Holland mit Tim Hox und der sagt “Ja, ich will ein ‘Blue Monday’-Cover machen” und ich sag so “Das macht man eigentlich nicht, aber ich hab Vocals mal aufgenommen von ‘Blue Monday’, mit Iggy” und “Lass mal gucken, ob das zusammenpasst”. Das hat uns dann so umgehauen. Ich habe die Nummer so häufig live gespielt, bevor sie veröffentlicht wurde. Hatte eigentlich gedacht, dass das nicht geht, das muss man der Welt zeigen. Und als ich dann gesehen habe, wie viele andere Versionen es schon von “Blue Monday” gibt, habe ich mir halt gedacht “Okay, da kannst du auch dich trauen, ‘ne coole, neue Interpretation auf den Markt zu bringen.” Und der Erfolg zeigt es uns gerade in Australien/Neuseeland, da ist die Nummer gerade Top Ten in iTunes, ohne dass wir irgendwas dafür gemacht haben. Die Nummer läuft einfach im Club oder auf Festivals ohne Promo und ohne viel Tamtam gerade einfach hoch. Und so war es auch gedacht. Und ja, eigentlich sehe ich das auch so, an solche Sachen geht man nicht dran. Aber in dem Fall ist es so, wenn es geil ist, ist es geil. Und dann muss man es auch machen.

MUM: Du hast schon zahlreiche Remixe für andere Acts erstellt. Welches war hier dein persönliches Highlight, und stehen bald weitere Mixe an?

AT: Ja, die Acts die ich geremixed habe, sind auf jeden Fall ‘ne Stange von Namen und große Namen, selbst Britney Spears, Beyoncé, Underworld, Röyksopp, Moby usw. dürfen alle nicht fehlen. Aber mein persönliches Highlight war die Zusammenarbeit mit Fatboy Slim, Norman Cook für sein “Ya Mama (Push The Tempo)”. Da hatte ich einen Remix zu gemacht und Norman Cook hat das so gefeiert und sagte “Hey, lass uns eine eigene Veröffentlichung daraus machen.” Also eine Kollaboration. Es war immer schon mein absoluter Traum, eine Platte mit ihm zusammen zu machen. Und dann war es soweit – ja, Fatboy Slim und Moguai “Ya Mama (Push The Tempo)” ist mein persönlicher Lieblings-Remix.

MUM: Du arbeitest auch als Produzent. Konzentrierst du dich jetzt erst einmal auf deine eigene Karriere, wo die Arbeit als DJ und eigene Gigs in der jetzigen Phase der Pandemie so langsam ja auch wieder möglich werden, oder produzierst du demnächst für andere?

AT: Ich mache eigentlich alles. Ich produziere mich und ich produziere gerne andere. Ich helfe gerne anderen. Deshalb habe ich auch ein eigenes Management unter dem Namen “Moguai Management GmbH” gegründet, zusammen mit Steffi Sauer. Sie ist eigentlich dafür bekannt, Comedians zu managen. Wir haben uns zusammengetan und nehmen junge Artists sowie junge Producer unter Vertrag und helfen denen. Denen helfe ich auch im Studio, da muss ich dann als Artist gar nicht dabei sein, weil es dann halt um den jeweiligen Act geht, an dem wir arbeiten. Deshalb bin ich gar nicht so festgelegt. Wenn ich eine Nummer sehr feiere, dann muss ich die im Studio auch selber machen. Und wenn ich es halt nicht so feiere, dann gebe ich es auch gerne anderen, in dessen Fahrwasser es besser passt. Ich unterscheide da wirklich auch was passt und was nicht und bin halt total offen für Kollaboration, oder für Nicht-Kollaboration auch im Hintergrund zu sein. Das finde ich auch absolut zeitgemäß. Das hat mir auch die Pandemie gezeigt, dass einfach so was möglich ist und dass es sich nicht immer nur um einen selbst dreht, sondern es auch links und rechts viele andere sehr cool Acts gibt, die unterstützt werden müssen.

MUM: Du hast beim Deutschen Fernsehpreis 2021 als DJ für die richtigen Zwischentöne gesorgt. Wie kam es denn hierzu, und wie fandst du es, hier als Randfigur zu agieren?

AT: Ich fand das grandios beim Deutschen Fernsehpreis. Ich habe mich sehr über die Anfrage gefreut, weil es doch einfach eine ganz andere Zielgruppe ist. Da sitzen dann halt Hape Kerkeling, Thomas Gottschalk oder Nico Hofman, Furtwängler und wie sie alle heißen … alle Großen, die man so kennt aus dem Fernsehen. Ich habe da Beats zu gespielt, zu den jeweiligen Gewinnern, die den Fernsehpreis abgeholt haben, und das war sehr cool. Es hat viel Freude gemacht. Es war auch echt viel Arbeit, man sieht immer nur diesen Moment im Fernsehen, aber das waren vorher schon wochenlange Meetings, Treffen und Auswahl der Tracks, Schneiden, wie lange laufen sie, wann wird geloopt. Es war super, ab und an mache ich gerne solche Sachen.

MUM: Welche Kontakte hast du da geknüpft, in welchen Filmen und Serien sehen wir dich demnächst?

AT: (Lacht) Also, weil ich auf dem Deutschen Fernsehpreis gespielt habe heißt das nicht, dass ich jetzt auch ins Fernsehen gehe. Mir wurden jetzt keine Serien oder Kinofilm-Rollen weitergegeben. Das wäre auch den Schauspielern gegenüber sehr respektlos, weil ich halt kein Schauspieler bin. Aber wie gesagt, ich spiele gerne so Veranstaltungen und mache auch gerne Musik für Filme oder auch für Serien oder für sonstiges … aber als Schauspieler sehe ich mich da nicht.

MUM: Welche Frage wolltest du schon immer mal gestellt bekommen, und wie wäre die Antwort?

AT: Ja, was gibst du den Leuten mit? Das ist eigentlich immer so die End-Frage. Dann sage ich immer ganz gerne: “Enjoy life as best as you can”. Wir haben alle nur diese kurze Zeit auf dieser wunderschönen Welt. Bleibt offen. Bleibt hungrig für neue Sachen. Und gebt euch nicht zu schnell zufrieden, wenn ihr irgendwas erreicht habt, es geht immer noch einen Schritt weiter. Bleibt aber positiv dabei und optimistisch. Feiert das Leben.

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MUM: Mucke und mehr
AT: André Tegeler

Mehr Informationen zu Moguai findet man auf moguai.com und facebook.com/djmoguai.

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